EIN Verfassungsentwurf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses ist eingetroffen
Vor zwei Wochen haben wir in einem offenen Brief, an Staatssekretär Ostermayer von der SPÖ und Staatssekretär Kurz von der ÖVP, die beiden Regierungsparteien dazu aufgefordert ihre jeweiligen Verfassungsentwürfe zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses öffentlich zu machen.
Seitens Staatssekretär Ostermayer gibt es bis heute – trotz erneuter Anfrage – keine Reaktion.
Aus dem Büro von Staatssekretär Kurz liegt uns hingegen ein Entwurf vor, den wir hiermit veröffentlichen.
Der Entwurf der ÖVP
Erfreulich ist, dass einige unserer Forderungen in den Verfassungsentwurf der ÖVP aufgenommen wurden. So enthält dieser u.a.:
- Die Schaffung einer Kontrollbehörde
- Die Verpflichtung zur proaktiven Veröffentlichung von bestimmten Daten
- Die Einbindung von ausgesuchten staatsnahen Unternehmen
Was auf den ersten Blick vielversprechend aussehen mag, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als höchst lückenhaftes Bekenntnis zur Informationsfreiheit.
Wie ist es sonst zu erklären, dass zwar eine Behörde zur Kontrolle der Informationsfreiheit gefordert wird, jedoch ohne Auskunft über ihre Bestellung, Funktionsperiode, Verantwortlichkeit und Geheimhaltungspflichten zu geben? Dass man sich zur proaktiven Veröffentlichung bekennt, diese im selben Satz aber nur bei bestimmten Daten anwenden will? Und Ähnliches für staatsnahe Unternehmen gilt?
Der wichtigsten Forderung, nach einem einheitlichen Recht auf allen drei Ebenen des Staates, – Bund, Länder, Gemeinden – das allen BürgerInnen das gleiche Recht auf Information gegenüber der Verwaltung zuspricht, wird nicht nachgekommen.
Stattdessen soll jedes Bundesland seine Informationsrechte selbst festlegen und kann sich damit aussuchen, welche Informationen veröffentlicht werden und welche nicht. In solch einem System stöße ein/e WienerIn innerhalb einer Stunde Fahrzeit (Wien–St. Pölten) auf drei verschiedene Rechtsauslegungen und Interpretationen von Informationsfreiheit (Bund, Wien und Niederösterreich). Der Burgenländer erführe weniger als die Tirolerin und ein steirischer Akt würde liberaler gehandhabt als sein Pendant in Oberösterreich.
Außerdem sind anstelle eines zentralen Kontrollorgans z e h n Institutionen vorgesehen, eine für jedes Bundesland sowie die zehnte auf Bundesebene. Dadurch kommt es zu einer Zersplitterung der Bürgerrechte, die unserer Forderung nach einer umfassenden und einheitlichen Informationsfreiheit widerspricht. Schließlich sollten Bürgerrechte für alle einheitlich gelten!
Die Definition von Information
Der Entwurf der ÖVP beschreibt Information wie folgt:
“Information ist jede amtlichen bzw. unternehmerischen Zwecken dienende Aufzeichnung, ausgenommen Entwürfe und Notizen, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Nur gesichertes Wissen im tatsächlichen Bereich stellt eine Information dar.“
Es mutet seltsam an, wenn zwar Statistiken, Gutachten und Studien als Information deklariert werden, Entwürfe und Notizen – sowie individuelle Gutachten (siehe Seite 4 des Entwurfs) – aber nicht. Wenn ein umfassendes Recht auf Information geschaffen werden will – und das ist bekanntlich das Ziel dieses Verfassungsentwurfes – muss den BürgerInnen der Zugang zu allen Arten von Informationen gestattet sein, siehe dazu die Definition im Hamburger Transparenzgesetz:
“Informationen sind alle Aufzeichnungen, unabhängig von der Art ihrer Speicherung”.
Datenschutz sticht Informationsfreiheit
Sobald das Recht auf Datenschutz einer Veröffentlichung “entgegensteht”, darf nicht veröffentlicht werden. Dabei wird allerdings nicht näher definiert welches Recht auf Datenschutz gemeint ist. Auch wir fordern eine Geheimhaltung bestimmter Informationen, sofern das Recht auf Datenschutz natürlicher Personen gefährdet wäre.
Der Entwurf der ÖVP fasst diesen Begriff sehr weit und sieht in diesem Fall weder eine Ausnahme für die Daten von juristischen Personen noch eine Interessensabwägung vor. Folglich wären z.B. Unterlagen zu behördlichen Anschaffungen von der Informationspflicht ausgenommen. Das trifft übrigens auch auf alle börsennotierten Unternehmen zu.
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Der Entwurf des ÖVP-Verhandlungsteams im Wortlaut:
179_24 06 13 Beilage_Informationsfreiheitsgesetz (1)
Welcher Stand (=Katalog ) an Informationspflicht bzw. gesicherter Zugang zu Verwaltungsvorgängen im öffentlichen Bereich ist derzeit vorhanden ?
Es gibt ein Auskunftspflichtgesetz aus 1987, das jedoch so große Ausnahmen enthält, dass sich im Endeffekt niemand daran halten muss. Hinzu kommt, dass das Amtsgeheimnis – seit 1919 in der österr. Verfassung – das Auskunftspflichtgesetz immer aussticht – im Zweifel für die Geheimhaltung.
Für nähere Infos darf ich Sie an unsere Seite verweisen:
http://www.transparenzgesetz.at/die-rechtslage-warum-%C3%B6sterreichs-b%C3%BCrger-weniger-wissen-d%C3%BCrfen-als-andere
Für einen internationalen Vergleich mit Fragenkatalog bzgl. Informationsfreiheit: http://www.rti-rating.org
Dieser Entwurf ist ganz entschieden abzulehnen. Das Wesentliche bei dieser Initiative sehe ich nämlich darin, ein verbrieftes Recht für alle einzuführen, ohne Abstriche Einsicht in sämtliche Daten nehmen zu dürfen, die als persönliche Daten aufscheinen, beziehungsweise auch die Auskunftspflicht der Behörden, was für Akten und aus welchem Zeitraum existieren, in denen man in irgendeiner Form erwähnt wird. Ausgenommen sollen nur Akten sein, die zur Ermittlung von Straftaten dienen. Nach einer Verurteilung oder einem Freispruch soll der Betroffene jedoch auch Einsicht bzw,. Korrektur oder Löschung von Unwahrheiten verlangen dürfen.
Behörden und Private sollen auch verpflichtet werden, Daten, die sicher nie mehr gebraucht werden, nach einer gewissen Zeit und/oder nach Aufforderung der Beteiligten zu löschen.
Auf dieses Transparenzvermeidungsgesetz sollten wir verzichten. Bemühe mich aber um einen heißen Draht zur NSA, da bekäme man natürlich Alles!
Diese präpotente Haltung gegenüber Bürgern (Untertanen) gehört endlich beseitigt! Natürlich schwindet mit größerer Transparenz auch die Macht der jeweiligen Polit-oder Bürokratenstruktur und das ist wünschenswert.
Wenn gewisse Leute, die heutzutage an den Schaltstellen der Macht sitzen ein
wenig Verantwortung für das tragen müßten, was sie aufgrund von Partei und
Bünden erreicht haben – das wäre ein Ziel für das sichs zu kämpfen lohnt.
Wohl an
Gruß Heimo
Eine Änderung im Bereich Informationsrecht und Kontrollrecht jeder Bürgerin, jedes Bürgers, ist besonders notwendig.
Allein die Intransparenz rund um eine öffentliche Diskussion in dem Bereich lässt hier leider negative Erwartungen und höchst fragwürdige Beweggründe vermuten.
Die Forderung zur Geheimhaltung bestimmter Informationen, sofern das Recht auf Datenschutz natürlicher Personen gefährdet wäre, ist berechtigt.
Der Entwurf der ÖVP, der den Begriff Datenschutz sehr umfassend definiert – und der weder eine Ausnahme für die Daten von juristischen Personen, noch eine Interessensabwägung vorsieht, kann als nicht umfassend transparent bezeichnet werden.
Gerade vor dem 29. September 2013 ist ein Ergebnis, oder auch kein Ergebnis im Bereich Transparenz von Bedeutung.
Breite Bevölkerungsschichten sollten nach zahlreichen Korruptions-, Bestechungs- und Steuergeldvernichtungsskandalen einen Ausbau der Kontrolle und Transparenz als richtig anerkennen.
Danke für ihre Initiative!
Franz Gumprecht,
2413 Berg
Bitte bereiten sie doch eine E-Mail zur allgemeinen Unterschrift vor mit etwa folgendem Text
Falls dxie SPÖ nicht in der Lage ist noch vor dem Nationalratswahlen einen Gesetzentwurf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses enzubringen (oder dies zumindest als verplichtendesWahlversprechen erklärt) , ist sie für mich sieht sie nicht wählbar
Die Bürger sind in einer Demokratie der Chef. Der Chef muss/sollte über alle Vorgänge in seinem Unternehmen Bescheid wissen. Wird er von seinen Mitarbeitern nicht informiert, sind diese zu entlassen. So einfach ist das.
Bravo! Es ist echt an der Zeit, dass sich jemand mit Zivilcourage um Transparenz bemüht! Weg mit der ewigen Geheimniskrämereien in der “oberen Etage”!
Diese Vorlage stellt klar den Unwillen der Regierenden dar, den in der Verfassung als Souverän genannten (das Volk) umfassend zu informieren sondern den Souverän weiterhin, so zusagen “dumm sterben zu lassen” und ihn nicht über die Machenschaften der Regierenden, das sind in Österreich die Beamten, zu informieren. Es kann nicht angehen, dass Informationen welche Rückschlüße auf Entscheidungen, Urteile, Vorgehensweisen zulassen, nicht öffentlich sind, denn dies bedeutet im Rückschluß, die Regierenden (Beamte) sind darüber in Wirklichkeit keine Rechenschaft schuldig. Dies leistet der Willkür und Korruption Vorschub. und
Also dieser ÖVP Entwurf ist meiner Meinung nach nicht sonderbar intelligent !