„Mauer des Schweigens“: Erster Amtsgeheimnis-Award für intransparentes Behördenverhalten
Am Freitag, dem 26. September, wird Österreichs erster Amtsgeheimnis-Award verliehen. „Die Mauer des Schweigens“ wurde vom Forum Informationsfreiheit (FOI) ins Leben gerufen, und wird Behörden für „besondere Bemühungen um die Verweigerung amtlicher Antworten“ verliehen. Der Award bezieht sich auf ganz konkrete Fälle, in denen Bürgern konkrete individuelle Auskünfte verweigert oder den Österreichern Informationen von öffentlichem Interesse vorenthalten werden.
Am 28. September ist Internationaler Right to Know Day
Der Zugang zu Information ist ein Menschenrecht. Information ist die Grundlage der Demokratie und der sinnvollen Partizipation an politischen Prozessen. Der Preis wird anlässlich des „International Right to Know Day“ vergeben. An diesem „Tag der Informationsfreiheit“ wird international ein Zeichen gesetzt für das Recht der Bürger auf Zugang zu den Informationen ihres Staates.
Vom Schubhaftzentrum bis zu Lesetests für Schüler
Auf der Shortlist für „Mauer des Schweigens“ finden sich Fälle von umfassender politischer Bedeutung für ganz Österreich bis hin zu unmittelbarer persönlicher Betroffenheit Einzelner.
Zu den nominierten Behörden auf der Shortlist für den Award zählen unter anderem:
– das Innenministerium für die intransparente Informationspolitik um das Schubhaftzentrum Vordernberg,
– die Medizin-Uni Innsbruck für die Verheimlichung der Zahl der Studienabbrecher nach dem ersten Semester,
– das Wirtschaftsministerium für die Verweigerung der Herausgabe der Eurofighter-Gegenschäftsfirmen,
– der Stadtschulrat für Wien für die Untersagung der Einsicht der Eltern in die Lesestests ihrer Kinder,
– oder das Bundeskanzleramt für die Verweigerung der Tagesordnungen und Beschlüsse des Ministerrats.
Die Fälle von FragDenStaat.at…
Die Fälle wurden vor allem über die Anfrageplattform FragDenStaat.at nominiert; weitere online beim FOI eingereicht. Auf dieser Onlineplattform, die vom Forum Informationsfreiheit (FOI) geschaffen wurden, können Bürger Anfragen nach dem Auskunftspflichtgesetz an Ämter und Behörden richten. Diese müssten nach geltendem Recht innerhalb von 2 Monaten beantwortet werden. Für den Fall der Nicht-Erteilung der Auskunft müssten Behörden einen Bescheid übermitteln, gegen den die Bürger bei Gericht berufen können.
…und das Verheimlichungsverhalten mancher Verwaltungsbehörden
Bei den über 200 Anfragen an Behörden zeigt sich jedoch, dass die Argumentationen mit denen Behörden versuchen konkrete Antworten auf konkrete Fragen zu verweigern, ebenso kreativ wie mannigfaltig sind. Bürger stoßen so immer wieder auf eine „Mauer des Schweigens“. Um derartiges Verheimlichungsverhalten vor den Vorhang zu holen, wurde der Amtsgeheimnis-Award ins Leben gerufen. Um den Scheinwerfer auf eine derartige Praxis zu richten, und vielleicht auf diesem Wege mitzuhelfen ein wenig Licht in die Sache zu bringen.
Preisvergabe und Jury-Entscheidung
Der Preis wurde vom Forum Informationsfreiheit (FOI) ins Leben gerufen. Die Entscheidungen wird dabei von einer Jury aus JournalistInnen und Bürgerrechtlern auf Grundlage der Nominierungen getroffen. Vergeben werden ein Hauptpreis und Preise für zwei weitere Plätze.
Die Jurymitglieder: Corinna Milborn (Infodirektorin Puls4), Florian Klenk (Falter), Ulla Kramar-Schmid (profil), Martin Thür (ATV), Max Schrems (Bürgerrechtsaktivist), Herbert Starmühler (Verband Plattform Bürgerinitiativen) und Mathias Huter (Forum Informationsfreiheit)
Die Preisverleihung
Die Entscheidung der Jury wird bei der Preisverleihung bekannt gegeben:
am Freitag, dem 26. September, ab 16:30
(nach Vorträgen von Gavin Sheridan und Elisabetta Tola, Start 15:00)
im Rahmen des österreichischen Right To Know Day-Events des Forum Informationsfreiheit
im Presseclub Concordia (Bankgasse 8, 1010 Wien)
Moderation: Corinna Milborn (Journalistin, Infochefin Puls4)
Über das Forum Informationsfreiheit (FOI)
Das Forum Informationsfreiheit (FOI) ist die zentrale NGO in Österreich für das Recht auf Zugang zu Information und wurde mit dem Concordia-Preis für Pressefreiheit 2013 ausgezeichnet.
Sie ist die Trägerorganisation der Kampagne Transparenzgesetz.at, und setzt sich für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses in seiner derzeitigen Form, und die Verankerung eines verfassungsmäßiges Rechts der Bürger auf Zugang auf Information ein.
Dazu verfasste die Initiative gemeinsam mit juristischen Experten sogar einen eigenen Gesetzesentwurf, der mittlerweile im Verfassungsausschuss des Parlaments liegt.
Die Kampagne Transparenzgesetz.at wurde von mehr als 10.000 Österreicherinnen und Österreichern unterstützt und war der Auslöser, dass die österreichische Regierung die Abschaffung des Amtsgeheimnisses versprach.
Das FOI war durch Mathias Huter in der Jury vertreten:
Mathias Huter (30) ist als neuer Executive Director bei FOI an Bord. Er war bis April knapp fünf Jahre lang in führenden Positionen für die Antikorruptionsorganisation Transparency International Georgia in Tiflis tätig. Neben den Themen Informationsfreiheit, Auftrags-Vergaben und Medienfreiheit hat er sich in Georgien auch intensiv damit beschäftigt, wie durch Transparenz Korruption, Misswirtschaft und Machtmissbrauch effektiv bekämpft werden können, und sich Bürger besser informiert in öffentliche Diskussionen und Prozesse einbringen können. Durch eine Analyse offener Daten zu öffentlichen Auftragsvergaben konnte er etwa nachweisen, dass mehr als Euro 100 Millionen an öffentlichen Aufträgen direkt an Firmen im Besitz von Parlamentariern und hohen Beamten gegangen waren. Davor als freier Journalist für verschiedene internationale und österreichische Print-Medien gearbeitet (unter anderem Die Presse, Falter, Datum und Horizont). Huter hat Journalismus an der FHWien sowie Internationale Beziehungen an der School of Advanced International Studies (SAIS) der Johns Hopkins University in Bologna und Washington DC studiert.