Parteienfinanzierung: Forum Informationsfreiheit kritisiert aktuellen Entwurf als „Scheinreform im eigenen Interesse“

Mathias Huter

Beschäftigt sich mit Transparenz, Open Data und Anti-Korruption, interessiert sich besonders für Parteienfinanzierung und Beschaffungen. Von 2009 bis 2014 für Transparency International Georgia in Tiflis tätig.

Ibiza-Pläne wären damit nicht verhindert worden – Experte Huter: Mindeste wäre, heute noch „volle Kontrolle durch den Rechnungshof“ sowie ein umfassendes Spenden- und Sponsoringverbot durch öffentliche Stellen festzulegen

Wien – Das Forum Informationsfreiheit (FOI) kritisiert den vorliegenden Entwurf von SPÖ, FPÖ und JETZT zu Änderungen bei der Parteienfinanzierung scharf: Es fehle an Klarheit, Kontrolle und Konsequenzen.

Es handle sich dabei fast ausschließlich um Scheinreform im eigenen Interesse. SPÖ und FPÖ haben hier hauptsächlich jene Punkte geregelt, die ihren eigenen Geldquellen nicht weh tun, aber z.B. ÖVP oder Neos und auch kleinen Parteien außerhalb des Parlaments wie gerade den Grünen schaden können.

„Die Parteien waren in der Verantwortung, sich selbst neue Finanzierungsregeln aufzuerlegen, die einer modernen Demokratie angemessen sind. Leider hat sich die Mehrheit überwiegend von ihren eigenen Interessen leiten lassen, anstatt das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an einer Demokratie mit klaren Regeln, echter Kontrolle und Konsequenzen bei Verstößen ins Zentrum einer Reform zu stellen”, sagt der Parteienfinanzierungsexperte Mathias Huter, der für das FOI-Transparenzprojekt Parteispenden.at verantwortlich zeichnet. „Faire Bedingungen für alle Parteien und echte Transparenz werden damit nicht geschaffen.“

Einen besonderen Seitenhieb ortete der Experte auf kleinere Parteien und Listen, vor allem auf die sich bisher immer für Transparenz engagierenden Grünen: Denn die höhere Gesamtspenden-Grenze  soll nur für Parteien gelten, die zum ersten Mal antreten – nicht aber für Parteien, die einmal aus dem Nationalrat gefallen sind und nun den Wiedereinzug versuchen.

Mit diesem Entwurf wären die Ibiza-Pläne weiterhin möglich

Das größte Problem der Scheinreform: Viele ihrer Punkte lassen sich wiederum ganz leicht und ganz legal umgehen. Die im Ibiza-Video gewälzten Pläne wären damit weiterhin ganz problemlos möglich. 

Fehlende Kontrolle: Nur komplette Offenlegung hilft

Weiterhin fehlt eine unabhängige Kontrolle der Partei-Angaben: Geldgeber können ihr Geld weiterhin am Rechnungshof vorbeischleusen, staatliche Institutionen können weiterhin Steuergeld über Umwege in die Parteien pumpen. „Wir wissen damit wieder nicht, wen wir wirklich wählen, denn Gelder können weiterhin über Umwege in Wahlkämpfe, an Parteien und Kandidaten fließen. Und keine Behörde in Österreich bekommt volle Einsicht in die Parteifinanzen, um das zu klären“, sagt Huter.

Die absolute Untergrenze für Transparenz wären umfassende Prüfrechte für den Rechnungshof, um diesem endlich zu ermöglichen, die Parteifinanzen einzusehen und zu prüfen. Da bei verschleierten Geldflüssen weiterhin kein Straftatbestand vorgesehen ist, kann die Staatsanwaltschaft nicht tätig werden. Ohne echte Kontrolle bleiben die vorliegenden Reformschritte deshalb völlig zahnlos.

Darüber hinaus wären strengeren Transparenz-Regeln für Sponsoring und Inserate in Parteimedien sowie ein umfassendes Verbot der direkten und indirekten Parteienfinanzierung durch Spenden, Sponsoring und Inserate von Unternehmen im Staatsbesitz ganz einfach ins Gesetz zu schreiben.

Weitere Probleme: Keine Klarheit, keine Kontrolle, keine Konsequenzen

Problematisch sind darüber hinaus:

• Zwar werden die Wahlkampfausgaben von Personenkommittees erfasst, deren Finanziers aber nicht veröffentlicht. Das Spenden-Verbot kann so leicht umgangen werden. Überhaupt nicht erfasst sind andere Gruppen, die im Wahlkampf mitmischen, etwa durch Negativ-Campaigning. 

• Die Ausgaben von nahestehenden Organisationen der Parteien fallen nicht unter die Wahlkampfkosten-Obergrenze – schon aber die der ÖVP-Bünde. 

• Parteien sind weiterhin nicht verpflichtet, Details zu ihren Wahlkampfausgaben zu veröffentlichen.

• Strengere Sanktionen und ein Straftatbestand bei Verschleierung von Geldflüssen fehlen.

• Keine Transparenz gibt es weiterhin zu Vermögens- und Schulden der Partei und dazu, wer sie über Kredite und Darlehen finanziert, was weiterhin auch für ausländische Akteure legal möglich ist. 

• Durch unklare Formulierungen könnte es zu weniger Transparenz bei den Finanzen der Landesparteien kommen.

Keiner der namhaften Experten involviert

Das Forum Informationsfreiheit kritisiert darüber hinaus, dass die großen Parteien in den vergangenen Wochen den Diskurs über das Thema verweigerten. Weder wurden namhafte Experten eingebunden, noch gab es eine öffentliche Begutachtung. Das Ergebnis richtet sich entsprechend selbst.