So bewerten wir das Türkis-Grüne Regierungsprogramm
Das Forum Informationsfreiheit (FOI) beurteilt die Pläne im Regierungsprogramm 2020-2024 von ÖVP und Grünen für ein modernes Informationsfreiheitsgesetz differenziert: Von allen bisherigen Ankündigungen durch Regierungen gehen diese am Weitesten, auch wenn sie leider hinter internationalen Standards zurück bleiben.
Kurzfassung
Erkennbares Engagement der Grünen als Regierungspartei
Die Grünen haben sich jahrelang für ein modernes Informationsfreiheitsgesetz eingesetzt, ohne die Möglichkeit zur Umsetzung zu haben. Nun haben sie ihre Versprechen als Regierungspartei verankert.
Gleichzeitig wurden auf ÖVP-Seite immer wieder reine Ankündigungen als Erfolge verkauft und aus reinen Lippenbekenntnissen politisches Kapital geschlagen – ohne tatsächlich etwas getan zu haben. Ganz nach dem Motto: Nicht das Erreichte zählt; sondern das Erzählte reicht.
Gesetzesentwurf muss halten was Regierungsprogramm verspricht
So handelt es sich um die vierte Regierung, die die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes verspricht – wenn auch bisher nicht so weitgehend. Erst anhand des konkreten Gesetzesentwurfs wird sich beurteilen lassen, inwiefern die Überschriften auch halten, was sie versprechen.
Verbesserungen, die hinter internationalen Standards zurück bleiben
Von allen bisherigen Ankündigungen von österreichischen Regierungen geht diese Ankündigung in Eckpunkten bisher am Weitesten, bleibt jedoch gleichzeitig noch deutlich hinter internationalen Standards, vergleichbaren anderen Staaten und sogar bereits geltenden Bürgerrechten gegenüber EU-Institutionen zurück. Und: Der Gesetzesentwurf der Neos, der bereits fertig im Parlament liegt, geht in zentralen Punkten bereits weiter, als die erste Punktation von ÖVP und Grünen im Regierungsprogramm – und darf als Benchmark betrachtet werden.
Positiv: Recht auf Information und Zugang zu Dokumenten statt Auskunft
Positiv zu bewerten sind…
– das verfassungsmäßiges Recht auf Information unabhängig von der Art ihrer Speicherung (wie dies im Vorzeigemodell des Hamburger Transparenzgesetz vorgesehen ist), statt nur Auskunft wie bisher;
– ein Zugang zu Dokumenten (wie dies international üblich ist);
– sowie die Gebührenfreiheit von Anfragen (statt wie bisher 15 bis 30 Euro)
Ebenfalls positiv…
– die Schaffung eines zentralen Transparenzregisters
– und die automatische Veröffentlichung von Gutachten und Studien sowie von Verträgen ab bestimmter Höhe
Weniger ambitioniert: Lange Antwortfristen und kein Informationsbeauftragter
Weniger ambitioniert ist, dass…
– die vorgesehen Antwort-Frist von 4 Wochen, die auf 8 Wochen ausgedehnt werden kann (während auf EU-Ebene 15 Tage gelten und andere Staaten teils sogar nur eine Woche vorsehen), womit die Transparenz-Wirkung für aktuelle politische Themen geschmälert wird
– das Programm entgegen bereits anders lautenden Ankündigungen keinen Informationsfreiheitsbeauftragten enthält, wie dies international bewährt ist (und ihn etwa Deutschland, Slowenien, das Vereinigte Königreich und viele andere Länder haben). Die laut dem Wortlaut im Regierungsprogramm auf reinen Service-Charakter für Behörden reduzierte Aufgabe bei der Datenschutzbehörde kann nicht als ausreichend erachtet werden. Hier wäre es wichtig, diese Behörde im finalen Gesetz dann auch als entsprechende Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger auszugestalten.
Fazit: Positive Punkte, aber erst der Gesetzesentwurf wird entscheidend
Das Programm enthält viele positive Punkte, die wichtig sind für ein modernes Informationsfreiheitsgesetz – und so erstmals in einem Regierungsprogramm stehen. Anhand der Punktation im Regierungsprogramm lässt sich nicht absehen, ob das geplante IFG internationalen Standards entsprechen wird. Wichtige Aspekte, etwa die Anwendung von Geheimhaltungsgründen, wie bürgerfreundlich das Gesetz gestaltet ist, oder welche Dokumente Behörden automatisch online veröffentlichen müssen, werden erst klar, wenn ein Gesetzesentwurf vorliegt. Ohne Nachbesserungen bei der 4-Wochen-Frist und dem fehlenden Informationsfreiheitsbeauftragten erscheint es jedoch unwahrscheinlich, dass Österreich vom europäischen Transparenz-Schlusslicht zum Vorreiter wird.
Langfassung
Am Donnerstag haben ÖVP und Grüne ihr Regierungsübereinkommen vorgestellt. Es fällt auf: mit 326 Seiten ist das Regierungsprogramm 2020-2024 ausführlicher und detaillierter als die Programme der letzten Regierungen.
Insbesondere die Grünen, aber auch die ÖVP, haben im Wahlkampf Transparenz-Initiativen angekündigt. Grünen-Chef Werner Kogler hatte nach unserer Forderung ein Informationsfreiheitsgesetz zur Koalitionsbedingung erklärt. Sebastian Kurz hat unsere Petition für ein Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild schon 2013 unterzeichnet.
Was sind nun die konkreten Pläne im Regierungsprogramm für die kommenden fünf Jahre?
Informationsfreiheit
Die Regierung plant ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG) und die Abschaffung des Amtsgeheimnisses (S. 19-20).
Seit 2013 haben wir von der ÖVP viele Ankündigungen gehört, dass bald ein IFG kommen werde. Bloße Ankündigungen allein kann das Forum Informationsfreiheit nicht mehr vorbehaltlos begrüßen, da vor allem die ÖVP aus der reinen Ankündigungspolitik immer politisches Kapital geschlagen hat, ohne für dessen Umsetzung je etwas zu tun. Es braucht einen ambitionierten Zeitplan, um ein internationalen Standards entsprechendes IFG noch 2020 zu beschließen.
Transparenz für alle staatsnahen Unternehmen
Die Casinos Austria Affäre hat wieder gezeigt: es braucht Transparenz bei staatsnahen Unternehmen, um parteipolitische Einflussnahme und problematische Postenbesetzungen zu verhindern.
Das Bürgerrecht auf Information soll laut Regierungsprogramm gegenüber Bundes- und Landesverwaltung, Organen der Selbstverwaltung, der Justizverwaltung und der Gesetzgebung gelten, sowie auch gegenüber Unternehmen, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen – diese soll ab einer 25% Beteiligung der öffentlichen Hand möglich werden (eine Ausnahme für börsennotierte Unternehmen ist vorgesehen).
Positiv an den zum Informationsfreiheitsgesetz im Koalitionsabkommen geplanten Punkten ist, dass der Informationszugang endlich auch ein Recht auf Dokumenteneinsicht umfasst und gebührenfrei sein soll, ein zentrales Transparenzregister vorgesehen ist, und das Recht auf Informationszugang unabhängig von der Form der Speicherung der Information ist.
Langes Warten auf Informationen?
Nicht besonders ambitioniert ist eine vorgesehene 4-Wochen-Frist, die in begründeten Fällen auf 8 Wochen verlängert werden kann, binnen der angefragte Informationen bzw. Dokumente übermittelt werden müssen. Dies muss zwar “unverzüglich” geschehen, in der Praxis wird bislang eine Auskunft oft erst mit Ende der gesetzlichen Frist erteilt. Zum Vergleich: EU Institutionen müssen auf Anfrage Dokumente binnen 15 Arbeitstagen herausgeben, andere Staaten sehen noch kürzere Fristen vor.
Je länger Fristen für die Herausgabe einer Information sind, desto weniger stark ist die Transparenz-Wirkung eines IFG, insbesondere was den Einsatz durch Journalisten, NGOs und Bürgerinitiativen zu aktuellen Themen betrifft.
Es soll laut Regierungsprogramm eine automatische Veröffentlichung von Dokumenten im allgemeinen Interesse, wie Studien, Gutachten, Stellungnahmen und Verträgen ab bestimmten Schwellenwerten geben. Wie ambitioniert diese Regelung sein wird – ob etwa sämtliche Verträge und Dokumente zu staatlichen Auftragsvergaben online gestellt werden, wie dies die Slowakei seit Jahren erfolgreich vormacht, ist noch nicht absehbar.
Immerhin: Die Verwaltungsgerichte sollen laut Regierungsprogramm binnen zwei Monaten über eine Beschwerde gegen eine Auskunftsverweigerung entscheiden. Wie Entscheidungen binnen dieser Frist sichergestellt werden, bleibt offen – derzeit dauert es trotz einer gesetzlich vorgesehenen 6-Monats-Frist oft über ein Jahr, bis eine Entscheidung in erster Instanz vorliegt.
Informationsfreiheitsbeauftragter fehlt
Ein unabhängiger Informationsfreiheitsbeauftragter, wie ihn etwa Deutschland, Slowenien, das Vereinigte Königreich und viele andere Länder haben, fehlt leider im Regierungsprogramm. Ein Beauftragter hingegen würde auch den Bürgerinnen und Bürger beim Informationszugang zur Seite stehen und die Umsetzung von Transparenz-Bestimmungen kontrollieren: er wäre erste Beschwerdeinstanz für Informationsanliegen, würde aber auch Behörden bei Transparenz-Bemühungen unterstützen und so den Kulturwandel in der Verwaltung befördern.
Vorgesehen ist nur, dass die Datenschutzbehörde “als Beratungs- und Servicestelle den umfassten Institutionen” zur Seite stehen soll. Die auf reinen Service-Charakter für Behörden reduzierte Aufgabe bei der Datenschutzbehörde kann nicht als ausreichend erachtet werden. Hier wäre es wichtig, diese Behörde im finalen Gesetz dann auch als entsprechende Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger auszugestalten.
Eine Verbesserung zum SPÖ-ÖVP-Gesetzesentwurf ist, dass zumindest eine Stelle existieren soll, die geeignet ist, den nötigen Kulturwandel in der Verwaltung voranzutreiben. Es wird jedoch von ihrer Besetzung, dem gesetzlichen Mandat, der Größe des bereitgestellten Personals und vom bereitgestellten Budget abhängen, ob sie dieser Herausforderung gerecht werden kann. Dass die Datenschutzbehörde in Datenschutzfragen als Beschwerdeinstanz operiert, eine solche Rolle bei Informationsanfragen jedoch nicht bekommt, scheint allerdings paradox.
Teufel liegt im Detail
Anhand der Punktation im Regierungsprogramm lässt sich nicht absehen, ob das geplante IFG internationalen Standards entsprechen wird. Wichtige Aspekte, etwa die Anwendung von Geheimhaltungsgründen, wie bürgerfreundlich das Gesetz gestaltet ist, oder welche Dokumente Behörden automatisch online veröffentlichen werden müssen, werden erst klar, wenn ein Gesetzesentwurf vorliegt. Aufgrund der 4-Wochen-Frist und dem fehlenden Informationsfreiheitsbeauftragten erscheint es jedoch unwahrscheinlich, dass Österreich vom europäischen Transparenz-Schlusslicht zum Vorreiter wird.
Ein Regierungsentwurf für ein IFG wird sich an dem von den NEOS im Oktober im Parlament eingebrachten Entwurf für ein Informationsfreiheitsgsetz messen lassen müssen. Dieser sieht neben kurzen Fristen und einer weitgehenden automatischen Veröffentlichung von Informationen und Dokumenten auch einen Informationsfreiheitsbeauftragten vor.
Parteienfinanzierung
Dringenden Reformbedarf gibt es bei der Parteienfinanzierung, das haben die Ibiza-Affäre und sowie zahlreiche andere Causen der vergangenen Monate und Jahre klar gezeigt. Was getan werden muss, um Transparenz und Kontrolle bei der Parteienfinanzierung sicherzustellen, haben wir gemeinsam mit Hubert Sickinger im Detail aufgelistet.
Über vier Seiten ziehen sich die punktierten Vorhaben für eine Reform des Parteiengesetzes im Regierungsprogramm (S. 22-24):
- Der Rechnungshof soll – wie auch von uns gefordert – Kontroll- und Einsichtsrechte in die Bücher der Parteien bekommen und so die Vollständigkeit und Richtigkeit der Rechenschaftsberichte prüfen dürfen. Er soll laut Programm und auch bei begründetem Verdacht auf eine Verletzung des Parteiengesetzes prüfen dürfen.
- Die jährlichen Rechenschaftsberichte der Parteien sollen etwas detaillierter werden und etwa Geldflüsse innerhalb von Parteiorganisationen und detaillierte Einnahmen und Ausgaben von Parteiorganisationen in Bezirken-, Statutar- und Landeshauptstädten beinhalten.
- In den Rechenschaftsberichten sollen Parteien ihre Immobilien, Kredite und Darlehen über 50.000 Euro bekannt gegeben. Laut dem Wording im Regierungsprogramm soll dies nur für Landesparteiorganisation gelten (was eine kuriose Regelung wäre). Details wie Kredits- und Darlehenshöhe, Laufzeit, Kreditgeber und Konditionen sollen dem Rechnungshof gemeldet werden – ob sie auch veröffentlicht werden, ist nicht klar. Die von uns geforderte umfassende und detaillierte Offenlegung von Vermögen und Schulden der Parteien ist wohl nicht geplant.
- Einzelspenden über 500 Euro sollen in Zukunft binnen drei Monaten veröffentlicht werden, Einzelspenden ab 2.500 Euro (erlaubt sind maximal 7.500 Euro) sollen weiterhin unverzüglich veröffentlicht werden müssen.
- Einnahmen aus Sponsoring und Inseraten sollen in Zukunft im Rechenschaftsbericht auf die Organisationseinheiten der Parteien heruntergebrochen werden – eine zeitnahe Offenlegung dieser Einnahmen und relevanter Details (etwa welche Veranstaltung gesponsert wurde) oder ein Sponsoring und Inseratenverbot für staatsnahe Unternehmen, sind jedoch nicht vorgesehen.
- Wahlwerbungskosten sollen in einem eigenen Bericht von den Parteien innerhalb von sechs Monaten nach einer Wahl veröffentlicht werden – eine verpflichtende detaillierte vorläufige Offenlegung vor der Wahl, wie von uns gefordert, ist demnach nicht geplant.
- Die Sanktionsregelungen bei Verstößen gegen das Parteiengesetz sollen demnach überprüft werden. Ob ein Straftatbestand für illegale Parteienfinanzierung kommen wird, wie es ihn in Deutschland gibt, und wie wir ihn fordern, ist nicht klar. Ein solcher würde es der Staatsanwaltschaft erlauben, bei Verdacht zu ermitteln; im Fall des Falles würden Haftstrafen für Parteimanager und Spender drohen.
- Eine Registrierungspflicht für Dritte Akteure (etwa Vereine), die Ausgaben jenseits eines Freibetrags in Wahlkämpfen tätigen, soll evaluiert werden.
- Verschiedene Detailaspekte des Parteiengesetzes sollen geprüft oder klargestellt werden.
Staatliche Auftragsvergaben
Unter dem Titel “Nachhaltige öffentliche Vergabe sicherstellen” (S. 17) plant die nächste Regierung, bindende ökosoziale Vergabekriterien einzuführen. Von mehr Transparenz bei staatlichen Aufträgen ist in diesem Abschnitt nicht die Rede (wie oben ausgeführt könnte eine verpflichtende Veröffentlichung als Teil des IFG kommen – eine Regelung wie in der Slowakei, wo Verträge der öffentlichen Hand erst in Kraft treten, wenn sie online veröffentlicht wurden, ist nicht angedacht).
Die Regierung plant eine Verlängerung der Schwellenwerte-Verordnung – vereinfacht gesagt: Österreich erlaubt seit Jahren, dass Aufträge erst ab einem Wert von 100.000 Euro ausgeschrieben werden müssen, nicht ab 50.000 Euro, wie eigentlich EU-weit Standard ist – und will eine Anhebung der Schwellenwerte “im Sinne der Förderung der regionalen und ökosozialen Marktwirtschaft” prüfen. Unser Bedenken: Durch noch höhere Schwellenwerte könnte es zu weniger Ausschreibungen, weniger Transparenz und weniger Wettbewerb kommen.
Förderungen
Unter dem Titel “Modernes Förderwesen” (S. 19) will die Koalition prüfen, bestehende Datenbanken in eine umfassende Transparenzdatenbank zu integrieren, sowie eine Verbesserung der Datenqualität und des Datenaustausches, um eine gesamthafte Sichtweise zu ermöglichen. Dieses Vorhaben sehen wir positiv.
Ein klares Bekenntnis zu einer umfassenden Reform der sogenannten „Transparenzdatenbank“, mit dem Ziel Förderungen für die Öffentlichkeit nachvollziehbar zu machen, fehlt jedoch. Derzeit sind die in der Transparenzdatenbank enthaltenen Daten zu ausbezahlten Förderungen nur für Behörden einsehbar, bei einer Veröffentlichung von Informationen drohen hohe Strafen.
Weitere Transparenz-Vorhaben
- Der Rechnungshof soll Unternehmen prüfen dürfen, an denen der Staat mit zumindest 25% beteiligt ist (derzeit: 50%), sofern diese nicht börsennotiert sind (S. 24).
- Bestellungen von Geschäftsführungsorganen (insbesondere Vorständen) in staatlichen Unternehmen sollen Evaluiert werden, mit der Zielsetzung der Verbesserung der Transparenz und einer Objektivierung bei Bestellungsvoraussetzungen (S. 24)
- Daten zum Budget sollen endlich in einem maschinenlesbaren Format veröffentlicht werden (S. 322)
- Ein Beitritt zur Open Government Partnership, den wir seit Jahren fordern, wird geprüft (S. 322)
- Verordnungen sollen im RIS veröffentlicht werden (S. 11)
- Ein eigenes Unterkapitel behandelt Offene Daten als Chance für mehr Transparenz (S. 322). Darin wird etwa eine Öffnung der Verkehrsauskunft Österreich als Open Service und Open Data soll durch den Bund ermöglicht werden
- Eine digitale Plattform für Bürgerinnen und Bürger bzw. Unternehmerinnen und Unternehmer zur nutzerzentrierten Bündelung zur Bereitstellung der erforderlichen Verfahrensinformationen (allen voran Akteneinsicht, Verfahrensstand, Verhandlungstermine, Edikte) soll geschaffen werden (S. 27)
- Schrittweiser Aufbau und Bereitstellung eines Register- und Systemverbunds für Daten der Verwaltung (S. 321)
- Ein „Austrian Micro Data Center“ und Datenzugänge für die Wissenschaft zu anonymisierten Daten der Statistik Austria soll geschaffen werden. Jedoch soll dieser Datenzugang auf wissenschaftliche Zwecke und auf akkreditierte Wissenschafterinnen und Wissenschafter beschränkt bleiben (S. 312)
Was uns noch aufgefallen ist:
- Informations-, Melde und Aushangpflichten sollen mit dem Ziel evaluiert werden, sie falls notwendig und zweckmäßig zu reduzieren (S. 14) – wir finden, ein freier online Zugang zu diesen Informationen sollte für die Öffentlichkeit sichergestellt werden, etwa zu Amtsblättern und Datenbanken
- Das Medientransparenzgesetz soll “überprüft” werden (S. 55) – wie es verbessert werden sollte, haben wir in diesem Paper zusammen mit Dossier.at, Hubert Sickinger und MeineAbgeordneten beschrieben
- Österreich wird sich „für einen weiteren Ausbau der Transparenz auf europäischer Ebene für mehr Bürgernähe“ und zur Stärkung des Vertrauens der Menschen in die Europäische Union und die Prüfung der Empfehlungen der Europäischen Bürgerbeauftragten einsetzen (S. 178) – in der Praxis ist die EU beim Zugang zu Dokumenten (Ausnahme ist insbesondere der Rat) deutlich transparenter als Österreich; dieser Punkt unterstreicht auch, wie wichtig ein Bürger- und Informationsbeauftragter für Österreich wäre
- Es soll ein Projekt zur „Stärkung der Bewusstseinsbildung über die Leistung des öffentlichen Dienstes nach dem Motto: ‘Wer sind wir, was macht der Staat, wofür wird unser Steuergeld verwendet’” geben, angesiedelt beim Bundesminister für den Öffentlichen Dienst unter Einbindung aller Ressorts (S. 16). Wir finden: Ressourcen sollten insbesondere für begleitenden Materialien rund um ein starkes Informationsfreiheitsgesetz eingesetzt werden, um sicherzustellen, dass die Bevölkerung vom neuen Recht auf Information erfährt und Hilfestellungen bei der Anwendung und Durchsetzung erhält.
- Ehrenamtliche Tätigkeit und zivilgesellschaftliches Engagement soll anerkannt und wertgeschätzt werden (S. 16). Eine Ausweitung der steuerlichen Absetzbarkeit von Spenden auf weitere gemeinnützige Organisationen soll laut Regierungsprogramm geprüft werden (S. 80) – wichtig wäre hier eine Einbeziehung von Organisationen, die sich für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Bürgerrechte, Transparenz und Anti-Korruption engagieren oder investigativen Journalismus betreiben, wie wir sie bereits 2015 angeregt haben. Eine solche Maßnahme könnte dabei helfen, diesen wichtigen Bereich der Zivilgesellschaft nachhaltig zu stärken. (Diesen Punkt haben wir ergänzt und aktualisiert, Anm.)
Korruptionsbekämpfung: wenig Details
Laut Regierungsprogramm sollen Lücken im Korruptions-Strafrecht geschlossen werden – angeführt wird die Einbeziehung von Personen in die Bestechungsbestimmungen, die sich um eine Funktion als Amtsträger bewerben. Die Staatsanwaltschaft muss laut Programm unabhängig von Beeinflussungen arbeiten können und soll durch mehrere Maßnahmen gestärkt werden. Insgesamt findet sich jedoch wenig Konkretes zur Korruptionsbekämpfung im Regierungsprogramm:
- Zusätzliche Ressourcen und Personal für die Wirtschafts- und Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und die Finanz, um Korruptionsfälle rascher aufrollen zu können und vermehrt gegen Steuerbetrüger und -Hinterzieher ermitteln zu können, zeichnen sich nicht ab – es soll nur evaluiert werden, wie die WKStA die verfügbaren Ressourcen bestmöglich einsetzen kann.
- Präventive Antikorruptionsmaßnahmen über die oben angeführten Transparenz-Aspekte hinaus fehlen weitgehend – auch Bereiche, in denen Österreich aufgrund neuer EU-Mindeststandards Reformen umsetzen muss, werden nicht im Regierungsprogramm erwähnt – etwa eine Reform des Whistleblower-Schutzes oder die Umsetzung der 5. Anti-Geldwäscherichtlinie, durch die Österreich Journalisten und der Öffentlichkeit endlich Zugang zum Wirtschaftlichen Eigentümer Register bekommen müssen (darin sind die natürlichen Personen gelistet, die Unternehmen kontrollieren).
- Massnahmen um etwa echte Transparenz beim Lobbying zu schaffen, mit möglichen Interessenskonflikten von Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung umzugehen, echte Transparenz bei den Nebentätigkeiten und -Einkommen von Abgeordneten zu schaffen, oder in Österreich gebunkerte und gewaschene Gelder die aus Korruption stammen sicherzustellen und in die Ursprungsländer rückzuführen, finden sich im Regierungsprogramm keine.
Wir werden die Regierung nicht an ihren Worten, sondern ihren Taten messen: einerseits an konkreten Gesetzesentwürfen und der Berücksichtigung von Feedback in Begutachtungsprozessen. Andererseits daran, wie Transparenz vorgelebt wird und Anfragen nach dem geltenden Auskunftspflichtgesetz behandelt und beantwortet werden.
Wir werden die Gesetzgebungsprozesse rund um das Thema Transparenz kritisch begleiten und weiterhin einzelne Informationsverweigerungen von Gerichten überprüfen lassen.