Informationsfreiheit – Expert:innen warnen vor Fehlern auf letzten Metern
Informationsfreiheit: Expert:innen warnen vor Fehlern auf letzten Metern
Zwei Bruchstellen sollten laut Expert:innen vor Beschluss des Informationsfreiheitsgesetzes beseitigt werden, sonst drohen Probleme mit der Durchsetzung der Informationsrechte und bereichsspezifische Amtsgeheimnisse. Diese könnten Korruption und Intransparenz weiterhin ermöglichen.
Wien, 17.1.2024 – Vertreter:innen der Organisationen Epicenter.works, Forum Informationsfreiheit und Saubere Hände bekräftigen nach dem Hearing im Verfassungsausschuss die historische Verantwortung der Parteien, nach fast 11 Jahren politischer Versprechen ein starkes Informationsfreiheitsgesetz zu beschließen. Anhand der Fragen im Ausschuss zeige sich aber, dass es noch heikle Stellen gibt, an denen dringend nachgeschärft werden muss. Neben etlichen Verbesserungen gegenüber der aktuellen Gesetzeslage betrachten die Vertreter der Zivilgesellschaft die Umsetzung im internationalen Vergleich als unambitioniert und fordern die Behebung zweier schwerwiegender Mängel vor dem geplanten Beschluss im Nationalrat am 31. Januar. Nur ein durchsetzungsstarkes Informationsfreiheitsgesetz könne Machtmissbrauch, Amtsmissbrauch und Korruption verhindern.
Sollbruchstelle 1: Nachrang vor allen anderen Gesetzen
Der schwerwiegendste Mangel: die Informationsfreiheit könne mit beliebigen anderen Bundes- oder Landesgesetzen ausgehebelt werden. So könnten Regierungen und Gesetzgeber in Land und Bund z.B. auch in Zukunft Blackboxen wie die COFAG schaffen, die erstmal jahrelang von der Informationsfreiheit ausgenommen wären, denn wenn Informationszugangsregeln in anderen Gesetzen existieren ist das vorgeschlagene Informationsfreiheitsgesetz „nicht anzuwenden“. „Damit wären bereichsspezifische Amtsgeheimnisse möglich, die Bürger:innen erst vor dem Verfassungsgericht bekämpfen müssten“, betont Markus Hametner vom Forum Informationsfreiheit.
Sollbruchstelle 2: nicht einmal Richter können Einblick erzwingen
Wenn die Behörde Informationen nicht herausgeben will, dann bleibt nur der Weg zum Verwaltungsgericht. Jedoch fehlt im Gesetz die ausdrückliche Möglichkeit für Richter:innen die Dokumente einzusehen, über deren Herausgabe sie zu entscheiden haben. Es gab in der Vergangenheit schon Fälle, in denen die angefragte Behörde den Richter:innen den Zugang zu den Dokumenten versagt hat. So kann der Rechtsschutz nicht funktionieren. „Auch für die Prüfung, ob tatsächlich Datenschutz-Probleme vorhanden sind, muss sichergestellt werden, dass Richter anhand der konkreten Informationen entscheiden können“, so Thomas Lohninger von Epicenter.works und verweist auf ein Verfahren des Forum Informationsfreiheit beim Verwaltungsgericht Wien sowie die Verwaltungsrichtervereinigung, die auch Regeln zum Informationszugang fordert.
Korruption wird möglich, wenn staatliches Handeln im Geheimen stattfinden kann. Transparenz ist der Schlüssel der Korruptionsbekämpfung. „In dem jetzigen Gesetz ist jedoch nicht sichergestellt, dass alle relevanten Dokumente veröffentlicht werden müssen. Weder wird kontrolliert, ob diese veröffentlicht werden, noch sieht es Sanktionen vor, wenn dies nicht geschieht. Für eine effektive Korruptionsbekämpfung wäre das aber wesentlich “, sagt Ursula Bittner von Saubere Hände.
Beilagen:
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Link zur Aufzeichnung des Hearings im Verfassungsausschuss vom 15. Jänner 2024.
- Link zur letzten uns bekannten Version des Gesetzesentwurfes