Amtsgeheimnis: Fiedler-Kritik an Regierungsentwurf
+++ Pressemeldung +++
Analyse des Ex-Rechnungshofpräsidenten für Transparenzgesetz.at:
“Mehr Schlupflöcher für Politik und Verwaltung als Rechte für Bürger”
Der ehemalige Rechnungshofpräsident Franz Fiedler unterstützt die Initiative Transparenzgesetz.at und übt harte Kritik am lückenhaften Regierungsentwurf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses.
Fiedler ortet in dem Entwurf aus dem Bundeskanzleramt „mehr Schlupflöcher für Politik und Verwaltung, als Rechte für die Bürger“. Es fehle der erkennbare Wille zu umfassender Transparenz.
Vor allem müsse eine Verfassungsbestimmung, die das Amtsgeheimnis abschaffe und das Recht auf Information über die Geheimhaltung stelle, gesamtheitlich für alle drei Ebenen des Staates gelten: Bund, Länder und Gemeinden. Ein reines Rahmengesetz würde zur Zersplitterung der Bürgerrechte durch unterschiedliche Landesgesetze führen.
Konkret kritisiert Fiedler unter anderem:
– Der Regierungsentwurf enthalte nur Rahmenvorgaben, das Recht würde durch unterschiedliche Länderregelungen zersplittert: Informationsfreiheit muss ausschließlich Bundeskompetenz sein, sowohl in Gesetzgebung als auch Vollziehung.
– Das Verfahren, mit dem der Bürger sein Recht durchsetzen können sollte, würde mit dem Entwurf ebenfalls auf Bundesländer zersplittert: Das Verfahren zur Rechtsdurchsetzung muss zentral in einem Verfassungsgesetz für ganz Österreich geregelt sein.
– Bundesländer (zuständig auch für die Gemeinden) könnten mit dem Entwurf ihre Geheimhaltungsinteressen selbst festlegen und sich damit aussuchen welche Informationen sie weiterhin zurückhalten halten könnten. Für Fiedler ein untragbarer Zustand: Die Ausnahmen von der Informationspflicht müssen zentral und taxativ vom Bund in einem Verfassungsgesetz festgelegt sein, um den Bürger nicht vor ein Wirr-Warr von zersplitterten Länder-Ausnahmen und Gemeinde-Geheimnissen zu stellen.
– Bei der Auflistung der Institutionen wurden wichtige Bereiche entweder vergessen oder absichtlich ausgenommen: So fehlen unter anderem das Kontrollamt der Stadt Wien oder Institutionen wie die Gemeindeverbände, in denen sehr viele Entscheidungen getroffen werden, die Bürger unmittelbar betreffen. (Ebenso die Verwaltungsgerichte der Länder, die bereits gesetzlich eingerichtet wurden, und die in Bälde ihre Arbeit aufnehmen werden.)
– Weiters sind vom Entwurf nur bundes- und landesgesetzlich errichtete juristische Personen umfasst, das seien jedoch die Wenigsten: Die Masse von ausgegliederten Organisationen von Bund, Ländern und Gemeinden wie Stiftungen, Anstalten und Fonds müssten ebenfalls den Informationsrechten der Bürger unterliegen.
– Öffentlich-rechtliche Körperschaften und Kammern fehlten in dem Entwurf oder seien zu vage definiert: Diese müssten ebenfalls von der Verfassungsbestimmung umfasst sein.
Kritik üben Fiedler und die Initiative für Informationsfreiheit auch an der Formulierung des Textes: Er sei so vage formuliert, dass er zu viel Interpretationsspielraum für Politik und Verwaltung ließe.
Selbst ein Jurist müsse den Gesetzestext “zweimal lesen, um ihn einmal nicht zu verstehen”. Bei der Informationsfreiheit handle es sich jedoch um ein Grundrecht für Bürgerinnen und Bürger. Dieses muss einfach, klar und unmissverständlich formuliert sein, damit jeder Bürger seine Rechte kenne und gegenüber Behörden auch darauf pochen könne. Andereseits werde dadurch auch für den einzelnen Beamten klar geregelt, wie er sich zu verhalten habe.
Der Regierungsentwurf war vom Bundeskanzleramt erstellt worden und wurde von Staatssekretär Josef Ostermayer präsentiert. Er ist Gegenstand der Verhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP.
Trackbacks & Pingbacks
[…] Diese Bestimmung ist die inhaltliche Grundlage für ein späteres Transparenzgesetz. Diese Bestimmung ist aber vor allem die Entscheidung darüber, ob Informationsfreiheit in Österreich ein starkes Bürgerrecht ist, oder sie durch Ausnahmen und Länderregelungen durch zu viele Lücken für Behörden und Politik schwammig oder verwaschen wird. […]
Kommentare sind deaktiviert.