FOI-Transparenzmeisterschaft: welches Ministerium ist das auskunftsfreudigste?

Forum Informationsfreiheit

Die spannendste Meisterschaft des Jahres läuft seit vier Wochen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nun präsentieren wir sie erstmals offiziell: die diesjährige, erste, Österreichische Transparenz-Meisterschaft!

Die Idee ist einfach: wir stellen relevante Anfragen an alle Ministerien. In die nächste Runde kommt aus jeder Paarung (oder Tripelung) das Ministerium, das am raschesten eine inhaltliche Antwort liefert. Warum? Eigentlich sind sie verpflichtet, Auskünfte „ohne unnötigen Aufschub“ zu erteilen. Wir wollen zeigen, wie das in der Praxis funktioniert. Die KO-Paarungen dieser Runde:

Was bisher geschah

Die erste Anfrage: Wie viele Mitarbeiter des Ministeriums waren Corona-Verdachtsfälle und wie oft wurden Minister und Kabinettsmitarbeiter getestet?

Der erste Spielzug war ein überraschender: das Digitalisierungsministerium preschte schon am Tag der Anfrage mit einer Antwort vor … die sich aber als Finte, nämlich als Empfangsbestätigung inklusive Datenschutzbelehrung herausstellte. (Wir finden es löblich, wenn öffentliche Stellen Empfangsbestätigungen schicken. Das Digitalisierungsministerium war das einzige).

In der ersten Woche gab es keine Antworten. Die „fünf Arbeitstage“-Frist, die in Estland gilt und die „sieben Tage“-Frist aus Island, schafft also keines der Ministerien – trotz „ohne unnötigen Aufschub“.

Das Gesundheitsministerium benötigte nur 9 Tage für eine Erstantwort. Das Problem: in der Antwort wurde keine unserer Fragen beantwortet. Die Nachricht verwies hauptsächlich auf die Corona-Datenseite des Ministeriums, auf der keine Infos zu Mitarbeitern des Ministeriums zu finden sind.

Die „zwei Wochen“-Frist, die beispielsweise in Bulgarien, Kroatien, Finnland und Polen gilt, schafft das Finanzministerium mit einer Antwort binnen 13 Tagen, am 21.9..

Am 23.9. antworten das Kanzleramt und das Justizministerium.

Damit rücken drei Ministerien nicht nur in die nächste Runde, sie bekommen auch das Prädikat: antwortet nicht langsamer als die EU-Kommission (drei Wochen Frist).

In der Woche danach, einem Monat nach Anfrage: Die ersten Digitalisierungsnachzügler Innen- und Verteidigungsministerium antworten per Post und schaffen es in die Kategorie „wenigstens so schnell, wie die Regierung im Regierungsprogramm verspricht“.

Damit stehen in drei von fünf Gruppen schon Sieger der ersten Runde fest. 

Update 13.10.: letzte Woche beantwortete das Klimaschutzministerium unsere Anfrage.

Update 16.10.: diese Woche beantwortete das Arbeitsministerium und Kulturministerium unsere Anfrage.

Update 20.10.: letzte Woche beantwortete das Bildungsministerium unsere Anfrage. Oder auch nicht, das Ministerien beruft sich auf Datenschutz.

Wir warten immer noch auf die Antworten der anderen Ministerien.

Wer den Wettbewerb live – so aktuell, wie wir es schaffen, die Briefpost zu scannen – verfolgen will, findet die dazugehörigen Anfragen der ersten Runde in dem dazugehörigen FragDenStaat.at-Projekt.

Wir werden auch diesen Artikel aktualisieren. Und Twittern.

Der aktuelle Zwischenstand (Stand: 16.10.)

Eine Zwischenbilanz

Wir haben jetzt Antworten von (fast) allen Ministerien erhalten. Einzig das Landwirtschaftsministerium von Elisabeth Köstinger hat die gesetzliche Frist von acht Wochen verstreichen lassen ohne uns zu antworten.

Inhaltlich sieht die Sache anders aus: Nur zwei Ministerien (von 13) konnten unsere Anfrage vollständig inhaltlich beantworten und sagen, wie oft das Kabinett und die Ministerin auf Corona getestet worden sind. Das Klimaschutzministerium teilte uns mit, dass Ministerin Leonore Gewessler bis zum 8. September zweimal und das Kabinett 23 getestet wurden. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner wurde viermal getestet. In ihrem Kabinett gab es bis zum 10. September zwei weitere Testungen.

Die anderen Ministerien haben uns fast wortidente Stellungnahmen geschickt. Darin sagen sie, dass natürlich getestet wird, die Ministerien dazu aber keine Statistiken führen. Wie oft MinisterInnen und leitende MitarbeiterInnen auf Corona getestet werden, können die Ministerien also nicht sagen.

Das Halbfinale

Im Halbfinale trifft auf der einen Seite in einer Tripelung das Finanzministerium auf das Digitalisierungs- und Wirtschaftsministerium und das Justizministerium.

Auf der anderen Seite das Innenministerium auf das Kunstministerium.

Die zweite Anfrage: Wir wollten von den Ministerien wissen, wie viele MitarbeiterInnen ins Home Office geschickt wurden und wie viele Personen weiterhin aus dem Ministerium arbeiten müssen.

Wer den Wettbewerb live – so aktuell, wie wir es schaffen, die Briefpost zu scannen – verfolgen will, findet die dazugehörigen Anfragen der ersten Runde in dem dazugehörigen FragDenStaat.at-Projekt.

Wir werden auch diesen Artikel aktualisieren. Und Twittern.

FAQ

Sind das nicht mutwillige Anfragen? Ist das nicht Arbeitszeitverschwendung der Ministerien? 

Wir sind überzeugt, dass die Fragen, die wir stellen, von höchstem öffentlichen Interesse sind. Wir hätten sie sowieso als „public watchdog“ gestellt, der Wettbewerb ist eine reine Zweitverwertung, um ein Problem, das regelmäßig auftritt – viel zu lange Antwortzeiten – anschaubar zu machen.

Warum lief der Wettbewerb in den ersten vier Wochen geheim ab?

Corona-bedingt gibt es leider auch bei uns Freiwilligenarbeitszeitausfälle.

Wie lang geht das jetzt?

Wir senden die nächsten Anfragen, sobald eine Runde entschieden ist. Sollten sich alle Ministerien an das Gesetz halten, sollten pro Runde maximal 8 Wochen vergehen. (Nach 10 Wochen werden Ministerien disqualifiziert und aus dem Bewerb genommen.)

Sollten alle Ministerien in jeder Runde die 8-Wochen-Frist ausnutzen, wird unser Turnier voraussichtlich so lange dauern wie eine ganze American-Football-Saison. Die ging 2019 151 Tage lang. Zum Vergleich: Die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer 2018 mit 32 Nationen hat insgesamt 32 Tage gedauert. Die olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang 17 Tage.