Demokratie-Index: Zustand der demokratischen Infrastruktur stagniert
Nach leichten Verbesserungen in den letzten Jahren zeigt sich heuer eine Trendumkehr im Demokratie-Index. Verantwortlich sind Verschlechterungen bei Grundrechten und Medien.
“Eine liberale Demokratie ist nur dann stark, wenn sie über eine vielfältige und kritische Medienlandschaft verfügt und die Grundrechte konsequent durchsetzt. Österreich zeigt in diesen Bereichen zuletzt aber leider Schwächen – doch es ist nicht zu spät, um gegenzusteuern”, so Luise Wernisch-Liebich vom Verein Demokratie-Index bei der Präsentation am Dienstag in Wien.
Der Index-Wert für die Säule “Medien” sank im vergangenen Jahr um 7,1 Prozentpunkte auf 60,2 Prozent. “Vom Kanzleramt bis zum Gemeinderat offenbart sich: Der Respekt vor der Pressefreiheit ist in Österreich mangelhaft ausgeprägt”, so Mathias Zojer vom Presseclub Concordia. Zuletzt gab es eine Häufung von Versuchen von Politiker*innen, seriösen Journalismus zu diskreditieren. Vereinzelt kam es im vergangenen Jahr aber auch zu rechtlichen und physischen Angriffen auf Journalist*innen.
Der Umbau der Wiener Zeitung stellt einen Rückschritt für die Unabhängigkeit der Medien dar: Anstelle der ältesten Tageszeitung der Welt wurde ein Medienunternehmen unter der direkten Kontrolle des Kanzleramts eingerichtet, das mit 16.5 Millionen Euro im Jahr und viel Handlungsspielraum ausgestattet ist, dabei aber nur wenig Rechenschaft und Kontrolle unterliegt.
Gleichzeitig ist die Medienvielfalt in Österreich durch erhebliche Einnahmeverluste stark bedroht. Staatliche Förderungen und Inserate sind nach wie vor nicht an medienethische Kriterien gekoppelt und die Finanzierung des Presserats ist nicht ausreichend gesichert. Hier muss die Politik dringend gegensteuern. “Verantwortungsvoller Journalismus muss gestärkt werden, um der grassierenden Desinformation entgegenzutreten”, so Zojer.
Eine wesentliche Hürde für die journalistische Arbeit war im vergangenen Jahr auch der beschränkte Zugang zu staatlichen Informationen. Im Vergleich zum Vorjahr wurden im Kapitel Informationsfreiheit 0,7 Prozentpunkte weniger erreicht. „Vergangenes Jahr haben wir eine neue Regelung positiv bewertet, mit der die Politik eine proaktive Veröffentlichungspflicht für Studien und Gutachten versprochen hatte. Mit Inkrafttreten dieser Regelung in diesem Jahr zeigt sich aber: zahlreiche Studien werden weiterhin geheim gehalten – das Versprechen wurde so also nicht eingehalten“ erklärt Markus Hametner, Vorstandsmitglied des Forum Informationsfreiheit. Der neue Gesetzesentwurf der Regierung ist erst nach dem Redaktionsschluss des Demokratie-Index bekannt geworden und konnte deswegen noch nicht in die Bewertung einfließen.
Eine besorgniserregende Entwicklung ist die Verschlechterung der Säule “Souverän” um 1,9 Prozentpunkte. Überfällig sind Verbesserungen im Bereich der Grundrechte: Bei den Rechten für Menschen mit Behinderung, im Strafvollzug, bei der Sicherheit von Frauen, im Schutz vor Diskriminierung, im Asylrecht sowie beim Recht auf Umweltschutz und sozialen Mindestandards..
Verbesserungen gab es in den Säulen Parteien, Justiz, Zivilgesellschaft und Wahlen, insgesamt verschlechterte sich der Wert des Demokratie-Index 2023 um 0,1 Prozentpunkte auf 57,0%.
Der österreichische Demokratie-Index
Der Demokratie-Index bewertet einmal im Jahr die Infrastruktur der Demokratie auf Basis von sieben Säulen: Souverän, Parteien, Legislative, Exekutive, Justiz, Medien und Zivilgesellschaft.
Am Projekt beteiligt sind:
- Antikorruptionsvolksbegehren
- Meine Abgeordneten
- wahlbeobachtung.org
- Forum Informationsfreiheit
- epicenter.works
- Gründungsverein Österreichische Demokratiestiftung
- Presseclub Concordia
Der Demokratie-Index ist ein ehrenamtliches Projekt der beteiligten NGOs für unsere Demokratie. Alle Informationen zum Demokratie-Index: www.demokratieindex.at