„Mauer des Schweigens 2021” geht an Finanzminister Gernot Blümel, die oberösterreichische Landesregierung und das Gesundheitsministerium

  • “Goldener Informationsfilter” an EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, Bundeskanzler Kurz und alle Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung, die amtliche Kommunikation regelmäßig von ihren Handys löschen und so Nachvollziehbarkeit verunmöglichen;
  • Transparenz-Preis mangels Einreichungen nicht verliehen

Wien, 28. September 2021 – Anlässlich des heutigen internationalen Tags der Informationsfreiheit – dem Right to Know-Day – verleiht das Forum Informationsfreiheit auch heuer wieder den Amtsgeheimnis-Award „Die Mauer des Schweigens“ für “besondere Verdienste um die Verweigerung amtlicher Antworten”.

Mit dem Negativ-Preis weisen wir jährlich auf die inakzeptable Praxis der Geheimhaltung von Informationen öffentlichen Interesses vor den Bürgerinnen und Bürgern hin.

Mauer des Schweigens

Nominiert werden konnten alle Fälle bei denen österreichische Behörden Auskünfte verweigert haben, Informationen von Politik oder Verwaltung zurückgehalten wurden, oder öffentliche Kontrolle staatlicher Institutionen durch politische Bemühungen erschwert oder verhindert wurde.

Die Preisträger 2021

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) 

“für die Informationsblockade in Richtung Untersuchungsausschuss, die selbst nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs aufrecht erhalten wurde”

Viele Monate musste der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur mutmaßlichen Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung auf beantragte Emails aus dem Finanzministerium warten. Selbst nachdem der Verfassungsgerichtshof auf Herausgabe entschieden hatte, passierte nichts. Erst als der Verfassungsgerichtshof den Bundespräsidenten mit der Exekution beauftragte, wurden die Emails, die augenscheinlich längst zusammengestellt und vorbereitet waren, vom Finanzministerium binnen weniger Stunden an das Parlament geliefert – allerdings in ausgedruckter Form, und als so geheim eingestuft, dass den Abgeordneten eine sinnvolle Bearbeitung kaum möglich war. Laut Oppositionsparteien waren die gelieferten Dokumente auch unvollständig. Blümel selbst hatte im U-Ausschuss ausgesagt, weder einen Laptop für seine Arbeit zu besitzen, noch eine persönliche Email-Adresse im Finanzministerium zu haben.

Mit seiner fragwürdigen Verzögerungstaktik untergrub Blümel gezielt die Kontrollfunktion des Parlaments und die Arbeit des U-Ausschusses, verhinderte eine Untersuchung etwaiger relevanter Nachrichten innerhalb des Finanzministeriums, und lotete dabei die Grenzen des Rechtsstaates aus. In einer Demokratie braucht es effektive und durchsetzbare Transparenzbestimmungen, um eine öffentliche Kontrolle sowie eine Kontrolle der Regierung durch das Parlament sicherzustellen – insbesondere, wenn es um Vorwürfe von Korruption, Amtsmissbrauch und Nepotismus geht.

Finanzminister Gernot Blümel und sein Ressort sind Titelverteidiger der Mauer des Schweigens. Bereits im Vorjahr hatten sie die Mauer für die intransparenten Covid-19 Förderungen sowie die hunderte Millionen Euro teure AUA-Rettung ohne jegliche öffentliche Kontrolle erhalten.

Oberösterreichische Landesregierung

„für die Geheimhaltung von PR-Aufträgen an mutmaßliche rechtsextreme Corona-Leugner“

Die oberösterreichische Landesregierung hielt vor der Wahl geheim, wer öffentliche Aufträge an die PR-Agentur eines – laut Profil – „rechtsextremen Corona-Leugners“ vergab. Welcher Landesrat vergab welche Aufträge und um welche Beträge? Die FPÖ-Landesräte und ihre Pressesprecher äußerten sich auf Anfragen dazu lange nicht, Journalisten konnten schließlich per Ausschlussprinzip nachvollziehen, dass FPÖ-Sicherheitslandesrat Wolfgang Klingler (FPÖ) laut OÖN für die Auftragsvergabe verantwortlich war. Details zu den Aufträgen blieben geheim.

Klar ist: Der “Datenschutz” war nur ein vorgeschobener Grund, Informationen über Aufträge geheim zu halten, das wird jedes Gericht bestätigen. Ebenso, dass eine Beauskunftung von öffentlichen Auftragsvergaben keine “Vertraulichkeit von Geschäftsbeziehungen” verletzen würde. Nur: bis dahin ist die Wahl schon vorbei, die Gelder sind geflossen und die Aufträge abgeschlossen. Und in sechs Jahren, bei der nächsten Landtagswahl, ist es vielleicht auch wieder vergessen.

Gesundheitsministerium

„für die weiterhin mangelnde Transparenz bei den Daten zum Pandemiegeschehen“

Das Gesundheitsministerium hält weiterhin wichtige Informationen zur Pandemielage geheim – und begründet die Informationsverweigerungen so unzureichend, dass das zuständige Gericht Beschwerden dagegen „aufgrund von krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken“ nicht entscheiden kann. So wird beispielsweise weiterhin die Zahl von Corona-Infizierten in einigen Bundesländern für jede Gemeinde veröffentlicht, in anderen jedoch nicht. Von uns 2020 bemängelte mangelnde Daten zur Dauer der Kontaktnachverfolgung von Covid-Fällen existieren weiterhin nicht. Der kürzlich bekannt gewordene Rohbericht des Rechnungshofes zum Thema lässt auch vermuten, dass durch die Intransparenz über das Zusammenkommen der Daten auch Unzulänglichkeiten verborgen wurden. Dabei wäre eine besonders transparente Kommunikation wichtig, um das Vertrauen in die Pandemiebekämpfung zu stärken.

Goldener Informationsfilter

für Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung, die Amtsgeschäfte per SMS und Messengerdiensten erledigen und diese Kommunikation dann löschen”

EU Kommissionspräsidentin Urusla von der Leyen tut es, ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz tut es. Viele Politiker und Spitzenbeamte, in Österreich wie auch in den EU-Institutionen, verwenden ihre Handys – mitunter private Geräte und keine Diensthandys – zur Besprechung von Amtsgeschäften, die sie jedoch regelmäßig löschen und so öffentliche Nachvollziehbarkeit und Kontrolle verhindern und in weiterer Folge die zeitgeschichtliche Aufarbeitung verunmöglichen.

So hat von der Leyen laut Medienberichten etwa die Lieferung von Covid-19 Impfstoffen per SMS mit dem CEO von Pfizer verhandelt. Die EU-Kommission konnte nach einer Anfrage jedoch keine Kommunikation dazu finden, da SMS-Nachrichten nicht archiviert werden. EU-Ombudsfrau Emily O’Reilly ermittelt deshalb und will bessere Regeln für die Archivierung derartiger Nachrichten durch EU-Institutionen.

Kein Transparenz-Preis mangels Einreichungen

Erstmals wollte das Forum Informationsfreiheit am Tag der Informationsfreiheit auch Behörden auszeichnen, die sich im Rahmen von Auskunftsbegehren besonders transparent und offen verhalten haben, und hat zu Nominierungen aufgerufen. Mangels Einreichungen nachvollziehbarer Fälle kann dieser Preis jedoch nicht vergeben werden – wir hoffen, im kommenden Jahr führende Behörden, die sich um Transparenz bemühen, auszeichnen zu können.

Was wurde aus…?

Jahrelang haben wir versucht, den Auftrag des Landes Niederösterreich zum Quartier Drasenhofen, in dem minderjährige Flüchtlinge untergebracht wurden, an die Öffentlichkeit zu bekommen. Vergeben wurde der Auftrag durch Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ), der dafür 2019 mit der Mauer des Schweigens ausgezeichnet wurde.

Im vergangenen Jahr zeigte sich: der Auftrag wurde rechtswidrig vergeben, Waldhäusl selbst hatte sich laut Medienberichten das exzessive Sicherheitskonzept gewünscht. Das Amt der Landesregierung hatte uns nur einen Mustervertrag übermittelt, in dem diese Wünsche des Landesrats und die damit verbundenen Kosten nicht enthalten waren.

FOI fordert konkrete nächste Schritte bei Informationsfreiheitsgesetz

„Seit der Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz im Frühjahr in Begutachtung war, gibt es keine erkennbaren Fortschritte, ein Gesetz, das internationalen Standards genügt, auf Schiene zu bringen“, sagt Mathias Huter, Vorsitzender des Forum Informationsfreiheit.

Wir fordern Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) auf, einen konkreten Fahrplan für das Informationsfreiheitsgesetz vorzulegen und sicherzustellen, dass es rasch Fortschritte gibt und das Informationsfreiheitsgesetz seinen Namen auch verdient. Ein Gesetz ohne Informationsbeauftragten oder einer vergleichbaren unabhängigen Kompetenz- und Kontrollstelle, die die Umsetzung von Transparenzbestimmungen vorantreiben und begleiten würde, wäre nichts anderes als ein Placebo-Transparenzgesetz.

Ebenso fordert das Forum Informationsfreiheit klare, strikte und durchsetzbare Regeln zur Archivierung von amtlicher Kommunikation von Politikern und Entscheidungsträgern in der Verwaltung, die beruflich per SMS und Messenger-Diensten kommunizieren. Diese Daten werden weder gesichert noch archiviert. Amtsträger könnten so öffentliche Kontrolle verhindern, Korruption und Amtsmissbrauch werden so besonders einfach möglich. Dass beispielsweise Kalender von Staatsbediensteten nicht archiviert, sondern gelöscht werden, ist nicht im Sinne einer nachvollziehbaren Verwaltung.

28. September – International Right to Know-Day

Am “Right to Know”-Day macht seit 19 Jahren die Zivilgesellschaft international auf die inakzeptable Praxis der Geheimhaltung von Informationen öffentlichen Interesses vor den Bürgerinnen und Bürgern aufmerksam. Der Tag wird mittlerweile auch von der UNESCO als „International Day for Universal Access to Information“ begangen.

Vergeben wird die “Mauer des Schweigens“ vom Forum Informationsfreiheit, das sich für Transparenz in Politik und Verwaltung und ein Recht der BürgerInnen auf Information einsetzt. Viele der nominierten Fälle stammen aus dem Anfrageportal des Forum Informationsfreiheit, FragDenStaat.at, auf dem Bürgerinnen und Bürger, JournalistInnen und VertreterInnen zivilgesellschaftlicher Initiativen ihre Anfrage direkt an die Behörden stellen können. Die Behörden sind gesetzlich zu einer Antwort verpflichtet, verweigern aber oft die Auskunft – mit unterschiedlichsten Begründungen.

Hintergrund: Die bisherigen Negativ-Preisträger der “Mauer des Schweigens”

Im Vorjahr ging „Die Mauer des Schweigens“ an das Gesundheitsministerium sowie Gesundheitsbehörden für das Transparenz-Multiorganversagen rund um die Daten der Corona-Pandemie und Corona-Ampel; an Finanz- und Infrastrukturministerium für fehlende Transparenz und öffentliche Kontrolle bei der Rettung der Austrian Airlines, sowie an das Verteidigungsministerium für das Geheimhalten von Informationen zur Cyberdefense gegenüber dem Parlament.

Der 2019 erstmals verliehene Sonderpreis “Der goldene Informationsfilter” ging im Vorjahr an die türkis-grüne Bundesregierung für die intransparente Handhabung der Corona-Hilfen und die intransparente Ausgestaltung der COVID-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG).

Alle Informationen, Hintergründe und Preisträger der letzten Jahre gibt es hier.

Forum Informationsfreiheit: Entwurf für Amtsgeheimnis-Abschaffung stellt keinen Transparenz-Kulturwandel in Verwaltung sicher

Fehlender Informationsfreiheitsbeauftragter und mangelhafter Rechtsschutz sind zentrale Schwachstellen des Informationsfreiheitsgesetzes

Wien – 15 April 2021. Der Regierungs-Entwurf für das Informationsfreiheitsgesetz, mit dem das Amtsgeheimnis abgeschafft und ein Bürgerrecht auf Zugang zu staatlicher Information eingeführt werden soll, würde zwar Verbesserungen im Vergleich zur aktuellen Rechtslage bringen, in vielen wichtigen Aspekten ist der Entwurf jedoch äußerst unambitioniert. Das betont das Forum Informationsfreiheit (FOI), das sich seit Jahren für ein internationalen Standards entsprechendes Informationsfreiheitsgesetz einsetzt, in einer ausführlichen Stellungnahme. Österreich ist das letzte demokratische Land Europas ohne Bürgerrecht auf Zugang zu staatlichen Dokumenten.

„Das selbstgesetzte Ziel der Regierung, dass Bürgerinnen und Bürger in Zukunft rasch, unbürokratisch und ohne finanziellen Aufwand Informationen und Dokumente erhalten können, wird in der vorliegenden Fassung nicht erreicht. Insbesondere dann nicht, wenn es um politisch relevante Informationen geht, die eine staatliche Stelle nicht öffentlich machen möchte. Unsere Erfahrung zeigt: monatelange Fristen werden von Politik und Behörden oft ausgereizt. Die Verwaltungsgerichte, die im Streitfall entscheiden, können angefragte Informationen nicht einmal selbst einsehen, und Behörden können sogar höchstgerichtliche Entscheidungen zur Transparenz einfach ignorieren“, so FOI-Vorstandsvorsitzender Mathias Huter.

Zentrale Schwäche: Fehlen einer unabhängigen Kompetenz-Stelle

Zentrale Schwäche des Gesetzesentwurfs ist das Fehlen einer unabhängigen Kompetenz-Stelle in Form eines/r unabhängigen Informationsfreiheitsbeauftragten, die Behörden umfassend bei der Auslegung und Anwendung von Transparenz-Bestimmungen beraten, als Anlaufstelle für BürgerInnen im Streitfall rasch und unbürokratisch über die Herausgabe von Informationen entscheiden, und die Umsetzung des Gesetzes kontrollieren würde.

„Ohne Informationsfreiheitsbeauftragte wird es keinen Kulturwandel in Politik und Verwaltung hin zu mehr Transparenz und Offenheit geben. In vielen europäischen Ländern zeigt sich klar, dass Informationsfreiheit in der Praxis nur gelebt wird, wenn es eine Kompetenz- und Kontrollstelle für staatliche Transparenz gibt. Ohne solche Stelle steht zu befürchten, dass BürgerInnen ihr Recht auf Zugang zu staatlicher Information kaum durchsetzen werden können, und dass Behörden weiterhin bei Anfragen zu politisch brisanten Themen mauern können, ohne Konsequenzen und Sanktionen befürchten zu müssen”, sagt Huter.

Echte Kontrolle kann weiterhin verhindert werden

„So kann echte öffentliche Kontrolle darüber, wie Steuergeld und öffentliche Ressourcen verwendet werden und auf welcher Informationsbasis die öffentliche Hand Entscheidungen trifft, auch in Zukunft effektiv verhindert werden”, sagt Huter.

Eine vierwöchige Frist bis zur Auskunftserteilung, die noch verlängert werden kann, untergräbt die Möglichkeit für JournalistInnen und die Zivilgesellschaft, rasch wichtige Informationen zu aktuellen Diskussionen erhalten zu können. Die vorgesehene automatischen Veröffentlichung von staatlichen Verträgen und Informationen allgemeinen Interesses sollte deutlich ambitionierter gestaltet werden. „Hier gibt es keinen Mechanismus, der die Veröffentlichungspflicht mit Leben erfüllt – wie bei Open Data wird es viele Behörden geben, die sich dafür einsetzen – und einige, die ihre Pflichten ohne Konsequenzen vernachlässigen.“

Hauptsächlich gesetzliche Festschreibung schon geltender Gerichtsentscheidungen

Der Gesetzesentwurf ist eine Verbesserung gegenüber früheren Entwürfen und den derzeit geltenden Auskunftspflichtgesetzen und enthält wichtige Klarstellungen – etwa dazu, dass alle Arten von Informationen und auch Dokumente grundsätzlich anfragbar sind und dass – wenn Geheimhaltungsinteressen zutreffen – ein teilweiser Informationszugang statt vollständiger Geheimhaltung geboten ist. Viele dieser Klarstellungen sind jedoch Festschreibungen der aktuell aufgrund von Entscheidungen der Höchstgerichte und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte geltenden Rechtslage, über diese Mindeststandards wird kaum hinaus gegangen.

So ist zwar für Anfragen eine grundsätzliche Gebührenfreiheit vorgesehen, als erste Beschwerdeinstanz ist jedoch das Verwaltungsgericht vorgesehen, das nur gebührenpflichtig befasst werden kann. Diese Gebühren fallen auch dann an, wenn Behörden den Informationszugang klar zu Unrecht verweigern – und werden bei Erfolg vor Gericht nicht rückerstattet. FOI-Vorstandsmitglied Markus Hametner, der schon zahlreiche erfolgreiche Verfahren gegen Behörden geführt hat: „Gegen Behörden, die sich unwillig zeigen und das Mindestmaß an Transparenz anstreben, wird jedes Informationsbegehren ein bürokratischer Albtraum bleiben. Konsequenzen für Behörden, die sich intransparent zeigen, gibt es nicht – nur Gebühren und Mühen für Anfragesteller.“

Mathias Huter: „Seit Jahren beschwören Politiker und Parteien einen dringend nötigen Kulturwandel. Nun hätte die Politik die Gelegenheit, ihn durchzusetzen. Von Strukturen und Systemen, die ihn wirklich voran bringen könnten, ist in diesem Entwurf leider keine Spur.“

Bestrebungen verschiedener Institutionen, gegen Transparenz-Reformen im jeweiligen Einflussbereich aufzutreten, kritisiert das FOI: „All die in letzter Zeit ans Licht gekommenen Korruptions-Vorwürfe und Affären machen klar: Es braucht einen wirklich großen Wurf bei staatlicher Transparenz. Öffentliche Kontrolle muss nicht nur auf dem Papier, sondern in der Praxis sichergestellt werden.“

Das Forum Informationsfreiheit (FOI) engagiert sich seit zehn Jahren mit Projekten wie dem Watchblog Amtsgeheimnis.at, der Kampagne Transparenzgesetz.at und der Anfrageplattform FragDenStaat.at für ein Bürgerrecht auf Informationsfreiheit und ein transparentes Österreich. Es hat mehrfach Musterverfahren gegen Behörden geführt und wegweisende höchstgerichtliche Entscheidungen erreicht.

 

Rückfragen:
Mathias Huter, Forum Informationsfreiheit
0699 126 39 244
office@informationsfreiheit.at

Neues Informationsfreiheitsgesetz: Die wichtigsten Punkte

Update 22.2.: Der Entwurf liegt vor, wir werden ihn so rasch wie möglich analysieren.

Die Regierung hat am Abend des 19 Februar eine Punktation des lange erwarteten Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) an Medien übermittelt.

Die Punktation geht nur in einigen Bereichen über die bereits im Regierungsprogramm zwischen ÖVP und Grünen vereinbarten Eckpunkte hinaus. Unsere Anmerkungen zum Regierungsprogramm gelten deshalb auch weitgehend für die bislang bekannten Details des IFGs.

Eine detaillierte Analyse des IFG-Entwurfs können wir erst liefern, wenn wir den entsprechenden Gesetzestext samt Erläuterungen kennen. Wir werden etwas Zeit brauchen, um diesen im Detail durchzuarbeiten.
Für den Beschluss des Informationsfreiheitsgesetzes ist eine doppelte 2/3-Mehrheit nötig – sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat (bei einer Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder – Art. 44 Abs. 2 B-VG). Der Bundesrat hat in diesem Fall ein absolutes Veto. Deshalb sehen wir im weiteren Verhandlungsprozess die Möglichkeit, dass wichtige Verbesserungen in den IFG-Entwurf aufgenommen werden.

Kern-Punkte eines starken Informationsfreiheitsgesetzes

Positive Aspekte des geplanten IFG (soweit bislang bekannt):

  • ein verfassungsmäßiges Bürgerrecht auf Zugang zu staatlicher Information soll kommen, das Amtsgeheimnis wird nicht mehr im Verfassungsrang stehen;
  • ein Recht auf Zugang zu staatlichen Dokumenten kommt (wie dies international üblich ist – Österreich ist das letzte Land in der EU, das bislang kein solches Recht kennt);
  • Anfragen und deren Beantwortung werden gebührenfrei sein (statt wie bisher 15 bis 30 Euro);
  • Auskunftspflichtig werden nicht nur Verwaltungsbehörden sein (wie bisher) sondern alle staatlichen Stellen, inklusive vom Rechnungshof geprüfte staatsnahe Unternehmen;
  • ein online Informationsregister soll geschaffen werden;
  • Gutachten, Studien und Verträge müssen dort automatisch von staatlichen Stellen veröffentlicht werden

Besonders wichtig sind bürgerfreundliche Regelungen in den folgenden Punkten:

  • Rasche Antwort: die vorgesehene Antwort-Frist beträgt 4 Wochen, kann jedoch auf bis zu 8 Wochen verlängert werden. Das ist nicht zeitgemäß – eine 2-Wochen Antwortfrist (die in belegten Ausnahmefällen verlängert werden kann) ist notwendig, damit etwa JournalistInnen das IFG als Recherche-Werkzeug effektiv nutzen können. Zum Vergleich: EU-Institutionen müssen binnen 15 Arbeitstagen Auskunft erteilen, in Estland beträgt die Frist 5 Arbeitstage.
  • Umfassender Informationsbegriff: Die Definition der Information, die nach dem Gesetz angefragt werden kann, muss gemäß internationalen Standards möglichst breit gefasst sein und grundsätzlich sämtliche Informationen (und Dokumente) umfassen, die bei staatlichen Stellen vorhanden sind, egal in welcher Form bzw. in welchem Format sie vorhanden sind und wer der Urheber ist.
  • Geheimhaltungsgründe: Im Hinblick auf Geheimhaltungsgründe gibt es klare internationale Standards, an denen sich Österreich orientieren soll, insbesondere Europaratskonvention zum Zugang zu offiziellen Dokumenten und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Essentiell ist ein klar definierter Abwägungsprozess: Sollte eine angefragte Information unter einen Geheimhaltungsgrund fallen (etwa in den Bereich der Nationalen Sicherheit), so sollte erst durch einen “Harm Test” festgestellt werden, ob bzw. welcher konkrete Schaden durch ein Herausgeben der Information entstehen würde. Danach müsste in einem “Public Interest Test” ermittelt werden, ob es ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Herausgabe der Information gibt, und wenn dies der Fall ist, die Information (gegebenenfalls teilweise geschwärzt) herausgegeben werden.
  • Durchsetzung der Transparenzregeln: Laut Punktuation sollen alleine die Verwaltungsgerichte die Durchsetzung der Informationsfreiheit sicherstellen. Dies ist keine zufriedenstellende Lösung:
    1. Verfahren dauern in der Regel mehrere Jahre, insbesondere da Behörden bei Niederlagen in der ersten Instanz oftmals Amtsrevision einlegen und vor den Verwaltungsgerichtshof ziehen.
    2. Viele BürgerInnen werden vor dem Aufwand eines langjährigen Verwaltungsverfahrens gegen staatliche Stellen zurückschrecken.
    3. Behörden können Verwaltungsgerichten ohne Sanktionen Dokumente und Informationen vorenthalten, wodurch diese den Fall nicht umfassend bewerten können.
    4. Verwaltungsgerichte entscheiden nicht über eine Herausgabe der Information, sondern nur über die Rechtmäßigkeit einer Informations-Verweigerung. Entscheidungen für eine Herausgabe von Informationen können sie gegenüber Behörden nicht durchsetzen.
  • Informationsfreiheitsbeauftragte/r: Die Punktuation sieht keine/n unabhängige/n Informationsfreiheitsbeauftrage/n vor. Eine solche Stelle ist international guter Standard und spielt eine essentielle Rolle dabei, eine Transparenz-Kultur voranzutreiben. In vielen Ländern unterstützt diese Stelle einerseits die Verwaltung bei der Auslegung und Anwendung der Transparenz-Bestimmungen und unterstützt BürgerInnen andererseits beim Informationszugang, und kann im Streitfall angerufen werden, um eine rasche und unbürokratische Entscheidung herbeizuführen. Darüber hinaus würde sie die Umsetzung der Transparenz-Regeln überwachen, dem Parlament zumindest jährlich Bericht dazu erstatten und sich für mehr Transparenz in der Verwaltung einsetzten, etwa um Schlupflöcher zu schließen.
  • Rolle der Datenschutzbehörde: Die Punktuation sieht vor, dass die Datenschutzbehörde (DSB) Behörden beim Informationsfreiheitsgesetz in Sachen Datenschutz beraten soll. Die DSB verfügt jedoch weder über das Mandat, die Ressourcen, oder die interne Kultur, um Transparenz voranzutreiben. Es steht zu befürchten, dass die DSB gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag stets zu mehr Geheimhaltung raten wird und so ein Ungleichgewicht zum Nachteil der Anfragenden und des öffentlichen Interesses an Transparenz entstehen wird.
  • Automatische Veröffentlichung: Klar und umfassend beschrieben werden sollte im Gesetz, welche Dokumente, Entscheidungen, Statistiken, Daten und Informationen alle staatlichen Stellen automatisch im Informationsregister veröffentlichen müssen.
  • Veröffentlichung von Verträgen: Laut Punktuation der Regierung sollen nur Verträge der öffentlichen Hand mit einem Wert von über 100.000 Euro veröffentlicht werden. Diese Grenze ist viel zu hoch: in Österreich müssen bereits jetzt Daten zu Aufträgen ab 50.000 Euro veröffentlicht werden (wir bereiten sie auf OffeneVergaben.at auf), diese haben jedoch ohne Vertragsdokumente einen geringen Mehrwert.
  • Durchsetzung der Veröffentlichungs-Pflichten: Es braucht effektive Durchsetzungsmechanismen, um sicherzustellen, dass sich staatliche Stellen an die Veröffentlichungspflichten halten.

Unsere Positionen in den Medien

Wir haben die ersten Kernpunkte des IFGs gegenüber einigen Medien kommentiert:

Forum Informationsfreiheit begrüßt Initiative für Informationsfreiheitsgesetz und mehr staatliche Transparenz

Transparenz-NGO sieht richtigen Schritt zum richtigen Zeitpunkt – Entwurf im Vergleich zu bisherigen mangelhaften Regierungsvorlagen maßgeblich verbessert

Wien – Das Forum Informationsfreiheit (FOI) begrüßt die Initiative der NEOS für mehr Transparenz – insbesondere das Einbringen eines neuen Entwurfs für ein Informationsfreiheitsgesetz. Aus Sicht der Transparenz-NGO handelt es sich dabei um den richtigen Schritt zum richtigen Zeitpunkt.

Nach den unsäglichen Affären der vergangenen Monate haben sich alle Parteien für ein entsprechendes Informationsfreiheitsgesetz ausgesprochen. Nun wird sich erstmals zeigen, ob alle entsprechenden PolitikerInnen auch zu ihrem Wort stehen.

Im Gegensatz zu den bisherigen früheren mangelhaften Regierungsentwürfen, hält das FOI den NEOS-Entwurf jedenfalls für maßgeblich verbessert: Das Forum Informationsfreiheit begrüßt, dass in den NEOS-Entwurf schon einige wesentliche Vorschläge der Transparenz-NGO aufgenommen wurden, die die NGO durch die umfangreiche Praxiserfahrung aus vielen Anfragen an Behörden – und deren entsprechenden Antworten bzw. Verweigerungen – gemacht wurden. Die Details werde man sich in der weiteren parlamentarischen Behandlung des IFG-Entwurfs ansehen.

Erst gestern hatte das Forum Informationsfreiheit auf Nachbesserungen des einstigen Transparenzpaketes gedrängt. Siehe: https://www.sn.at/politik/innenpolitik/leitfadenfuer-transparenz-reform-neu-aufgelegt-78009859

UN-Resolution macht 28. September zum Internationalen Tag der Informationsfreiheit

Die Initiative bestätigt die Tendenz der internationalen Entwicklung für mehr staatliche Transparenz: Erst vor wenigen Tagen hat selbst die UNO in einer historischen Entscheidung das Thema Informationsfreiheit forciert und in einer UN-Resolution den bisherigen Right to Know-Day am 28. September offiziell zum „Universal Access to Information Day“ erklärt.
Siehe: UN Press Release – https://www.un.org/press/en/2019/ga12201.doc.htm
Das Forum Informationsfreiheit begeht diesen Tag bereits seit 2013 traditionell und verleiht den Amtsgeheimnis-Award „Die Mauer des Schweigens“ an intransparent agierende staatliche Stellen.

Forum Informationsfreiheit: Bürgerrechtsorganisation für Recht auf Information

Das Forum Informationsfreiheit (FOI) ist Österreichs erste Bürgerrechtsorganisation für das Recht auf Zugang zu Information und hat mit seiner Kampagne Transparenzgesetz.at zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses und Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes das Thema Informationsfreiheit in Österreich erstmalig auf die politische Agenda gehoben. Sie betreibt das Anfrageportal FragDenStaat.at und die Transparenzplattform Parteispenden.at.


Rückfragehinweis:
Forum Informationsfreiheit (FOI)
Österreichs erste Bürgerrechtsorganisation für das Recht auf Information
Mathias Huter
0699 126 39 244
mathias.huter@informationsfreiheit.at
www.informationsfreiheit.at
www.transparenzgesetz.at
www.parteispenden.at

“Misch dich ein!” – eine Anleitung zum zivilgesellschaftlichen Engagement

Misch dich ein!“ heisst eine Anleitung zum zivilgesellschaftlichen Engagement, die das Team der Initiative #Aufstehn erarbeitet hat.

#Aufstehn, CC-BY

Beschrieben wird darin unter anderem, wie man mit Anfragen über unsere Bürgerplattform FragDenStaat.at Öffentlichkeit für ein Thema schaffen kann. Die Kollegen von epicenter.works geben Einblicke in ihre Kampagne gegen das Überwachungspaket, mehrere ehemalige Politikerinnen berichten, wie und wann Bürgerinnen und Bürger am besten politische Entscheidungsträger erreichen, beeinflussen und überzeugen können.

Die Anleitung steht auf der Webseite von #Aufstehn zum Download.

EU-Parlament: Wahre Eigentümer europäischer Fischfang-Flotte sollen nachvollziehbar werden

Wer die Eigentümer von Fischkuttern aus Europa sind, die in internationalen Gewässern fischen und mit EU Mitteln von 145 Millionen Euro jährlich subventioniert werden, dass soll zukünftig in einem öffentlichen Register nachvollziehbar sein.

Zusammen mit über 40 europäischen und internationalen Organisationen, darunter AccessInfo Europe, Oceana, Greenpeace, Transparency International EU und der Sunlight Foundation, fordern wir die Abgeordneten zum Europäischen Parlament dazu auf, sich am 2. Februar für eine europäische Regelung auszusprechen, die hier für Transparenz sorgt.

In einem geplanten europäischen Schiffsregister sollten die wahren Eigentümer – “beneficial owners” – veröffentlicht werden. Bei großen Schiffen kommt es nicht selten vor, dass Eigentümer ihre Rolle hinter komplexen Konstrukten von Briefkastenfirmen zu verstecken versuchen, um sich der Rechenschaftspflicht zu entziehen.

 

Transparenz: Zeit für eine Diskussion im Parlament

Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP haben eine für kommenden Donnerstag angesetzte Plenarsitzung im Parlament abgesagt. Grund: Es gebe keine Themen zu besprechen. Wir hätten da einen Vorschlag: Warum nicht eine Diskussion zu Transparenz und dem Bürgerrecht auf Information einschieben?

Seit drei Jahren versprechen die Regierungsparteien ein Ende des Amtsgeheimnisses und mehr Transparenz. Eine öffentliche Diskussion darüber, ob und wie es zu einem Kulturwandel und mehr Offenheit in der Verwaltung kommen kann, findet jedoch nicht statt.  

Der Entwurf für das Streichen des Amtsgeheimnisses aus der Verfassung war vor knapp zwei Jahren in Begutachtung und liegt seit Ende 2014 im Parlament, die Begutachtung für ein Informationsfreiheitsgesetz im Verfassungsausschuss ging im Dezember zu Ende. Beide Entwürfe enthalten massive Lücken und Probleme, die den Informationszugang der BürgerInnen in der Praxis völlig unterlaufen würden. Das Recht der ÖsterreicherInnen auf Informationszugang würde von vornherein zu einem toten Recht – was die BürgerInnen erfahren dürfen und können, das würden weiterhin Minister, Landeshauptleute, Ämter und staatliche Unternehmen bestimmen.  

Um das zu verhindern braucht es:

  • Ein grundsätzliches Recht auf Zugang zu Information und Dokumenten im Besitz von Behörden – ohne Verheimlichungsmöglichkeiten
  • Keine Sonderprivilegien für Landeshauptleute, das Recht auf Information zu beschneiden
  • Keine Möglichkeit für Behörden, Informationen willkürlich und ohne konkreten Prüfungsnachweis („harm test“, „public interest test“) zurückzuhalten
  • Zeitnahe Auskunft innerhalb weniger Tage, keine monatelangen Antwortverzögerungsfristen für unwillige Ämter
  • Kostenlosen Zugang für BürgerInnen, die ihr Recht auf Auskunft nutzen und durchsetzen möchten

All das sehen die Pläne der Regierungsparteien nicht vor. Warum also nicht darüber diskutieren, wie sich die Parteien das Verhältnis zwischen Politik, Verwaltung und BürgerInnen vorstellen? Warum nicht die Argumente auf den Tisch legen, damit diese endlich für die Öffentlichkeit nachvollziehbar werden?

Das Forum Informationsfreiheit und die über 10.000 ÖsterreicherInnen, die unsere Initiative Transparenzgesetz.at unterstützt haben, glauben, dass ein Bürgerrecht auf zeitnahen, unbürokratischen und kostenlosen Zugang zu Information die ÖsterreicherInnen auf Augenhöhe mit der Verwaltung bringen würde. Wir würden gerne hören, was dagegen spricht.

Amtsgeheimnis: Regierung soll endlich aufhören Österreichs Bürger hinzuhalten

– PRESSEAUSSENDUNG –

Forum Informationsfreiheit: SPÖ und ÖVP verhindern mit Verzögerungstaktik seit 3 Jahren echte Transparenz

Das Forum Informationsfreiheit (FOI) kritisiert die Verzögerungstaktik der Regierung bei der Abschaffung des Amtsgeheimnisses. „Die Regierung soll endlich aufhören Österreichs Bürger hinzuhalten“, fordert Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit.

Vor drei Jahren hatte das Forum Informationsfreiheit seine Kampagne Transparenzgesetz.at zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses gestartet. Drei Wochen darauf versprach die Regierung innerhalb von weiteren drei Wochen ein neues Informationsfreiheitsgesetz vorzulegen, das Österreich echte Transparenz bringen werde. Nun, drei Jahres später, ist alles wie damals: Es gibt noch immer kein Gesetz.

„Während die Regierung seit drei Jahren immer wieder verlautbaren lässt, dass sie nun aber wirklich für Transparenz sorgen werde – einmal mehr nun wohl auch in Reaktion auf diese Aussendung -, ist in Wahrheit seit drei Jahren noch überhaupt nichts passiert: das Amtsgeheimnis gilt heute noch genau so wie vor fast 100 Jahren. Lippenbekenntnisse hin oder her“, kritisiert FOI-Generalsekretär Huter.

SPÖ und ÖVP hätten das versprochene Transparenz-Gesetz damit zu einem Transparenz-Verzögerungs-Gesetz pervertiert. Österreich rangiere somit gemäß dem internationalen Right to Information-Ranking in Sachen Informationsfreiheit unter mehr als 100 getesteten Staaten immer noch auf dem weltweit letzten Platz.

„Damit muss endlich Schluss sein: Schluss mit den Ausreden der Regierung, Schluss mit der Heimlichtuerei hinter verschlossenen Türen, Schluss damit anderen die Schuld zuzuschieben für die eigene Unwilligkeit“, so Huter. „Es ist Zeit für transparente Verhandlungen über konkrete inhaltliche Punkte.“ SPÖ und ÖVP sollten aufhören sich hinter der angeblich verfahrenen Diskussion um einen Informationsfreiheitsbeauftragten zu verstecken, sondern endlich in offenen Gesprächen Rede und Antwort zu den konkreten Gesetzeslücken in ihrem Entwurf stehen.

Gefährliche Gesetzeslücken im Regierungsentwurf zur Transparenz

Denn der Regierungsentwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz habe gefährliche Lücken. Diese müssten umgehend geschlossen werden. Andernfalls drohe ein ähnliches Desaster wie zuletzt beim angeblichen „Transparenzpaket“ zur Parteienfinanzierung, wo nun selbst der Rechnungshof-Präsident attestieren musste, dass Verstöße der Parteien gegen Offenlegungs-Regeln keine Konsequenzen haben.

Das Forum Informationsfreiheit fordert darum nun, diese entscheidenden Punkte ins Zentrum der Verhandlungen zu stellen:

  • Grundsätzlicher Zugang zu Informationen und Dokumenten der Behörden ohne Verheimlichungsmöglichkeiten
    (Saubere Definition von „Information“ nach internationalen Standards)
  • Keine Sonderprivilegien für Landeshauptleute zur Umgehung der Verfassung
    (Derzeit mehr Geheimhaltungs-Ausnahmen als Transparenz-Rechte für ÖsterreicherInnen)
  • Keine willkürlichen Behörden-Behauptungen ohne konkreten Prüfungsnachweis
    (International üblicher „harm test“ und „public interest test“)
  • Keine monatelangen Antwortverzögerungsfristen für unwillige Ämter
    (Schnelle Informationsverpflichtung nach europäischen Standards)
  • Keine transparenzfeindlichen Strafgebühren für interessierte Bürgerinnen und Bürger
    (Informationsverwaltung ist bereits mit mit Steuergeld bezahlt; keine Doppelbelastung)

Zuletzt hatten sogar auch das in Wien ansässige International Press Institute und die führende europäische NGO „Access Info Europe“ den vorliegenden Regierungsentwurf als untauglich eingestuft. Einfachste internationale Standards würden dabei grundlegend missachtet und damit die auch das Grundrecht der Pressefreiheit gefährdet.

Mehr als 10.000 Österreicher unterstützen Transparenzgesetz.at

Das Forum Informationsfreiheit ist die führende österreichische Bürgerrechts-NGO für ein Recht auf Zugang zu Information. Sie hat die Abschaffung des Amtsgeheimnisses überhaupt erst auf die Agenda der Politik gebracht. Ihre Kampagne Transparenzgesetz.at wurde innerhalb von drei Wochen von mehr als 10.000 Österreichern unterstützt. Sie forderten ein österreichisches Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild. Damit sollte das Amtsgeheimnis abgeschafft und ein Recht der Bürger auf Information in der Verfassung verankert werden.

Internationale NGOs kritisieren SPÖ und ÖVP für Amtsgeheimnis 2.0-Gesetz

Forum Informationsfreiheit fordert Nachbesserung von Regierung für echtes Transparenzgesetz

Wien, 9. Februar 2016 – Das Forum Informationsfreiheit (FOI) unterstützt die Kritik der beim Thema Informationsrecht führenden internationalen Nicht-Regierungs-Organisation Access Info Europe und des International Press Institute am letztgültigen Gesetzesentwurf der Regierung für ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG).

Die internationalen NGOs kritisieren, dass Österreich nach dem Entwurf der Regierung weit hinter internationalen Standards zurückbleibe. Besonders im Mittelpunkt der Kritik: dass Österreich entgegen etablierten europäischen Standards nicht alle bei Behörden vorhandenen Dokumente dem BürgerInnenrecht auf Informationszugang unterwerfen will, sondern nur solche, die „zu verakten“ sind.

Die österreichischen Pläne sähen auch mehrere international unübliche Geheimhaltungsgründe vor – und zwar, ohne dass eine Behörde im Einzelfall evaluieren müsse, ob eine Herausgabe wegen öffentlichem Interesse angebracht sei, und ob durch eine Veröffentlichung überhaupt ein Schaden entstehen würde. Dass Behörden acht Wochen für die Beantwortung einer BürgerInnen-Anfrage bekommen sollen – mit der Möglichkeit, diese Frist um weitere acht Wochen zu verlängern – sei fern der Praxis in anderen EU-Staaten. In Dänemark, Finnland und Portugal etwa müssen Behörden auf Anfragen binnen zehn Arbeitstagen antworten, in Estland binnen fünf. Eine geplante Gebühr von 30 Euro für den Antrag auf Bescheid-Ausstellung im Fall einer Informationsverweigerung komme effektiv einer Auskunftsgebühr gleich, die es in keinem anderen EU-Staat gäbe. Weiters regen die Organisationen in ihrer Bewertung an, dass Österreich das internationale Erfolgsmodell einer unabhängigen Informationsfreiheits-Stelle übernehmen solle.

Das FOI fordert nun, dass die internationale Kritik in den Entwurf eingearbeitet wird, und sichergestellt wird, dass das IFG den Standards der Europäischen Menschenrechtskonvention, der Europaratskonvention über den Zugang zu offiziellen Dokumenten und den Regelungen anderer europäischer Länder entspricht.

FOI-Generalsekretär Mathias Huter: „Führende europäische Experten bestätigen jetzt: das, was heute auf dem Tisch liegt, ist ein Amtsgeheimnis 2.0. Die internationale Kritik zeigt, dass die Regierungsparteien den ÖsterreicherInnen bislang nicht die Informationsrechte und die Verwaltungs-Transparenz zugestehen wollen, die fast überall sonst in Europa längst Teil der demokratischen Kontrolle sind. Das Parlament sollte den Entwurf dringend nachbessern und sicherstellen, dass hier europäische und internationale Standards respektiert werden.”

Rückfragehinweis:
Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit
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Die Stellungnahme von Access Info Europe und IPI ist unter http://www.access-info.org/frontpage/21940 bzw. http://www.freemedia.at/newssview/article/austria-draft-foi-law-falls-short-of-international-standards.html verfügbar.

Internationale Organisationen: Informationsfreiheits-Entwurf verstößt gegen europäische Standards

Der derzeit vorliegende Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG) bleibt hinter den Regeln einer Europarats-Konvention und den Standards anderer europäischer Staaten zurück. Zu diesem Schluss kommt nicht nur das Forum Informationsfreiheit, sondern auch eine Bewertung durch die Bürgerrechtsorganisation Access Info Europe und den Medienfreiheits-Watchdog International Press Institute (IPI).

Informations-Begriff

Die im Gesetzesentwurf vorgesehene Definition von “Information” – also dem, was BürgerInnen durch ihr Recht auf Informationszugang erfahren dürfen – beschränkt diesen Anspruch auf “zu veraktende Dokumente”. Eine solche Einschränkung stünde im Widerspruch mit der Konvention zum Zugang zu offiziellen Dokumenten des Europarats, so Access Info Europe und IPI. Österreich hat dieses Abkommen bislang nicht unterzeichnet.

Die beiden Nicht-Regierungs-Organisationen empfehlen, die Standards der Europarats-Konvention ins Gesetz zu übernehmen und damit grundsätzlich Zugang zu allen einer Behörde vorliegenden Dokumenten und Informationen einzuräumen.

Ausnahmen

Mehrere im Entwurf vorgesehene Geheimhaltungsgründe stehen laut Access Info Europe und IPI nicht im Einklang mit europäischen oder internationalen Rechts-Standards.

Die Organisationen drängen darauf, dass in jedem Einzelfall durch einen sogenannten Schadenstest ermittelt werden müsse, ob durch die Veröffentlichung von Information schützenswerte Interessen verletzt würden. Ein “Public-Interest-Test” müsse darüber hinaus feststellen, dass kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Veröffentlichung besteht. Diese Abwägungen seien im Entwurf nicht ausreichend verankert.

Weiters empfehlen die Organisationen:

  • eine Geheimhaltung von Information zur “unbeeinträchtigten Vorbereitung einer Entscheidung” sowie aus “zwingenden außen- und integrationspolitischen Gründen”, wie sie der Entwurf vorsieht, nur nach Durchführung eines Schadens- und eines Public Interest Tests zu erlauben;
  • Informationen im “wirtschaftlichen oder finanziellen Interesse” einer staatlichen Stelle grundsätzlich öffentlich zu machen, anstatt diese als Geheimhaltungsgrund zu definieren – ein solches Vorgehen stehe im klaren Gegensatz zu internationalen Standards, da die Öffentlichkeit ein Interesse daran habe, nachvollziehen und überprüfen zu können, wie öffentliche Mittel verwendet werden;
  • klar zu regeln, dass etwaige Urheberrechtsansprüche keinen Geheimhaltungsgrund bilden können – allenfalls könnte ein Urheberrechtsanspruch das Recht auf Weiterverwendung einer Information und einschränken, wie dies auch in den Erläuterungen des Europarats-Abkommens beschrieben wird;
  • die Möglichkeit, das Recht auf Informationszugang durch andere Gesetze weiter zu beschneiden und neue Geheimhaltungsgründe einzuführen, solle nicht in das Gesetz aufgenommen werden – diese Idee stünde ebenfalls im Widerspruch zu internationalen Regelungen.

Fristen

Der IFG-Entwurf will heimischen Behörden acht Wochen für eine Antwort geben – eine Frist, die um weitere acht Wochen verlängert werden kann. Österreich solle sich hier an europäischen Standards orientieren, so die Empfehlung.

EU-Institutionen und zahlreiche EU-Staaten haben eine Antwort-Frist von 15 bis 20 Tagen; in Finnland, Dänemark und Portugal müssen Behörden innerhalb von zehn Arbeitstagen Bürgern und Bürgerinnen gewünschte Informationen liefern, in Estland binnen fünf Arbeitstagen.

Gebühren

In Österreich sollen BürgerInnen 30 Euro für eine Anfrage zahlen, wenn sie gleichzeitig auch einen Bescheid im Falle einer (teilweisen) Informationsverweigerung beantragen. Ohne einen solchen Bescheid kann eine Informationsverweigerung nicht beeinsprucht werden, die Gebühr wird schon beim Bescheid-Antrag fällig. Für die internationalen Experten ist klar: diese geplante Regelung komme einer Gebühr für Anfragen gleich und sollte gestrichen werden.

In Europa gibt es kein einziges Land, dass von seinen BürgerInnen eine Gebühr für Informationsfreiheits-Anfragen einhebt, merken Access Info Europe und IPI an. Die Europarats-Konvention sehe einzig die Möglichkeit vor, dass Behörden sich bei Informationsherausgabe Kopier- und Portokosten rückerstatten lassen.

Informationsbeauftragter

Access Info Europe und das IPI unterstreichen auch, dass unabhängige Informationsbeauftragte, wie sie sich etwa in Frankreich, Deutschland, Irland, Slowenien, dem Vereinigten Königreich und auch auf EU-Ebene bewährt haben, eine essentielle Rolle bei der Umsetzung und Durchsetzung des Rechts auf Informationszugang spielen. Die beiden Organisationen empfehlen Österreich klar, eine solche Stelle zu schaffen – entweder als eigenständige Behörde, oder als Teil einer bereits existierenden. Die Regierungsparteien haben sich bislang dagegen ausgesprochen.

Forum Informationsfreiheit gratuliert Max Schrems zu wichtigem Sieg für die Bürgerrechte

Wien, 6. Oktober 2015 – Das Forum Informationsfreiheit (FOI) gratuliert dem Datenschutzaktivisten Max Schrems zu seinem wichtigen Etappensieg im Einsatz für einen stärkeren Schutz der Online-Privatsphäre. Am Dienstag hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem von Schrems angestrengten Verfahren gegen die Irische Datenschutzkommissarin das “Safe Harbor”-Datenübermittlungsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA aufgehoben.

„Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs stärkt die Grund- und Bürgerrechte in Europa. Das Urteil zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass das zivilgesellschaftliche Engagement eines einzelnen Bürgers etwas bewegen kann”, sagt Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit. „Der Fall unterstreicht wie wichtig der Einsatz für BürgerInnenrechte in Österreich ist.“

FOI dankt Schrems für die Unterstützung von Transparenzgesetz.at

 Gleichzeitig möchte sich das FOI bei Max Schrems auch für seine Unterstützung der Kampagne Transparenzgesetz.at bedanken. Der Jurist hatte sich mehrfach für ein Recht der Bürger auf Information auch in Österreich ausgesprochen.

Das Forum Informationsfreiheit (FOI) ist die zentrale NGO in Österreich für das Bürgerrecht auf Zugang zu Information und wurde mit dem Concordia-Preis für Pressefreiheit 2013 und dem Demokratiepreis 2014 des Österreichischen Parlaments ausgezeichnet.

Die Kampagne Transparenzgesetz.at, die sich für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und ein Bürgerrecht auf Zugang zu Information einsetzt, wird auch vom Bürgerrechtler Max Schrems unterstützt.

Über die vom FOI betriebene Webseite FragDenStaat.at können Österreichs BürgerInnen unkompliziert und öffentlich verbindliche Anfragen an öffentliche Stellen richten.

 

Rückfragen:

Mathias Huter, Generalsekretär
Forum Informationsfreiheit
mathias.huter@informationsfreiheit.at
Mobil: 0699/126 39 244

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