Informationsfreiheit-Vorbereitungen: Forum Informationsfreiheit kritisiert fehlende Antworten und zu kurze Begutachtungsfristen

Über einen Monat nach der Übermittlung von Fragen zur Vorbereitung auf das Informationsfreiheitsgesetz vermisst das Forum Informationsfreiheit immer noch Antworten aus dem Kanzleramt und dem Justizministerium. Das Forum übt Kritik an der intransparenten Vorbereitung eines Gesetzes, das für mehr Transparenz sorgen sollte. „Wir haben etwa gefragt, wie künftig Anfragen gehandhabt werden, wie in Zukunft entschieden wird, welche Informationen proaktiv veröffentlicht werden und ob Schulungen durchgeführt wurden.“, so Markus Hametner, Vorstandsmitglied des Forum Informationsfreiheit. „Es sind nur mehr vier Monate Zeit und es ist noch viel zu tun, damit der mit dem Gesetz viel versprochene Paradigmenwechsel zu mehr Transparenz tatsächlich eintritt. Das Schweigen von Teilen der Regierung lässt befürchten, dass sie es mit der Transparenz nicht ernst meinen“, so Hametner weiter.

Andere Stellen zeigen vor, dass die Beantwortung der Anfragen deutlich zügiger vonstattengehen kann. So hat das Finanzministerium bereits nach eineinhalb Wochen erste Antworten geliefert, auch die Datenschutzbehörde und die Plattform data.gv.at meldeten sich innerhalb von zwei Wochen zurück.

Nach den ersten Anfragen des Forum Informationsfreiheit wurden die ersten Gesetzesvorschläge in Begutachtung geschickt. Einzelne Ministerien scheinen aber nicht viel Wert auf Feedback zu legen: Begutachtungsfristen von maximal 10 Tagen sind keine Ausnahme, etwa beim Universitäts- und Bildungsdokumentationsgesetz. „Die Behörden, denen vom Informationsfreiheitsgesetz ganze vier Wochen für einfache Antworten gewährt wird, geben der Zivilgesellschaft nicht einmal 10 Tage zum Lesen ihrer Gesetzesanpassungen“, kritisiert Markus Hametner.

Das Forum Informationsfreiheit wird trotz der kurzen Fristen zu einigen Regierungsvorlagen Stellungnahmen abgeben. In den bisher gesichteten Änderungen, auch auf Landesebene, sieht das Forum Informationsfreiheit verpasste Chancen: „Meist werden Verweise auf das Amtsgeheimnis mit Verweisen auf die Geheimhaltungskriterien im Informationsfreiheitsgesetz ersetzt. Gedanken, weniger oft in Materiengesetzen auf die Geheimhaltung zu verweisen, scheint sich niemand gemacht zu haben“. Besonders im Dienstrecht und im Strafrecht sieht das Forum Informationsfreiheit Anpassungsbedarf: „Bisher gibt es kaum Sicherheit für Beamte, die im Zweifel transparent sein wollen“. Denn im Dienstrecht und Strafrecht sind Konsequenzen für den Verrat von Geheimnissen vorgesehen. „Werden Informationen gelöscht oder rechtswidrig zurückgehalten, sind aber keine Konsequenzen vorgesehen. Unsere Forderungen für diese Legislaturperiode hatten dafür Denkansätze geliefert, die nicht aufgegriffen wurden“, so Hametner.

In Memoriam Hubert Sickinger

Mit tiefer Betroffenheit nimmt das Forum Informationsfreiheit Abschied von unserem Mitgründer Hubert Sickinger (1965-2025).

Hubert war eine wichtige Stimme für Transparenz und gegen Korruption in Österreich und eine große Stütze unserer Organisation – selbst vor ihrer Gründung. Gemeinsam mit Mitgründer Josef Barth thematisierte er 2011 mit dem Blog Amtsgeheimnis.at absurde Fälle der Informationsverweigerung. 2012 war er Mitinitiator der Kampagne Transparenzgesetz.at und verhalf der Forderung nach einem Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild zum Durchbruch im öffentlichen Diskurs.

Er war ein Experte im besten Sinne des Wortes: Sein fundiertes Wissen über Antikorruption und Parteienfinanzierung teilte er nicht nur mit seinen Student:innen als langjähriger Lektor an der Universität Wien, sondern auch mit den Leser:innen mehrerer Standardwerke. Auf eine korrekte mediale Berichterstattung legte Hubert viel Wert. Er nahm sich stets viel Zeit, um Politikfinanzierung in hunderten von Interviews und Hintergrundgesprächen zu erklären. Er setzte seine Expertise zum Wohl der Demokratie ein, um auf Schwachstellen hinzuweisen – was dazu beitrug, dass Probleme angegangen, Regelungen gestärkt und Transparenzlücken geschlossen wurden.

Hubert war eine laute Stimme gegen Korruption und für Transparenz in der Öffentlichkeit. Hätte er sich nicht so oft so prononciert zu Wort gemeldet, und mit so klaren Worten die Schlupflöcher in Gesetzen und die Hintertüren in manchmal vermeintlichen Verbesserungsvorschlägen thematisiert, wäre seitens der Politik viel ungetan geblieben und viele Reformen wohl nicht realisiert worden.

Dank seines ehrenamtlichen Engagements und seines tiefen Fachwissens konnten wir ausführlich zu Vorschlägen verschiedener Regierungen für mehr oder weniger geglückte Versuche, das Amtsgeheimnis abzuschaffen, Stellung nehmen. Dabei war er immer darauf bedacht, nicht nur Kritik anzubringen, sondern auch jeden positiven Schritt hervorzuheben. Auch an einem Entwurf des Forum Informationsfreiheit für eine Verfassungsänderung, die darauf abzielte, Informationsfreiheit in Österreich nachhaltig zu verankern, arbeitete er maßgeblich mit. Ebenso erarbeitete er für das Forum Informationsfreiheit Stellungnahmen zu Reformen des Parteiengesetzes, die dazu beitrugen, dass Schwachstellen erkannt und nachgebessert wurden. Unser Projekt Parteispenden.at, das vor Jahren erstmals die Rechenschaftsberichte aller Parteien maschinenlesbar aufbereitete und öffentliche Geldflüsse an Parteien dokumentierte, wäre ohne seine Unterstützung kaum möglich gewesen.

Hubert war federführend bei der Ausarbeitung umfassender Analysen des „Transparenzpakets 2012“, die wir zusammen mit Dossier und Meine Abgeordneten 2017 und 2019 veröffentlicht haben. Außerdem leistete Hubert jährlich einen unverzichtbaren Beitrag zum Projekt Demokratieindex.at, in dem er die Bewertung des Bereiches Parteienfinanzierung mitverantwortete.

Huberts Tod hinterlässt eine schmerzliche Lücke – nicht nur im Forum Informationsfreiheit, sondern in der österreichischen Zivilgesellschaft. Hubert, wir werden dich vermissen!

Markus Hametner und Mathias Huter im Namen des Forum Informationsfreiheit

In den Ländern heißt die Amtsverschwiegenheit künftig Geheimhaltung

Im Zuge der Abschaffung des Amtsgeheimnisses im Verfassungsrang werden zahlreiche Gesetze auf Landesebene angepasst, die noch auf die alte Amtsverschwiegenheit verweisen. Aktuell haben sechs der neun Länder ihre Gesetzesentwürfe zur Umsetzung der Informationsfreiheit veröffentlicht. Wir haben uns angesehen, wie das Burgenland (1, 2.1, 2.2), Kärnten, Oberösterreich, die Steiermark, Tirol und Vorarlberg (1, 2) die Informationsfreiheit umsetzen wollen.

Geheimhaltung statt Amtsverschwiegenheit

Im Großen und Ganzen folgen die vorliegenden Entwürfe einem ähnlichen Schema: Sie ersetzen bisherige Erwähnungen der Amtsverschwiegenheit in zahlreichen Landesgesetze durch Begriffe wie „Geheimhaltung“ oder „Geheimhaltungsgründe“. Einige Bundesländer wiederholen zudem die Geheimhaltungsgründe aus der Bundesverfassung wortwörtlich, anstatt direkt auf die Geheimhaltungsgründe im künftigen Art 22a Abs 2 B-VG zu referenzieren. Das stellt unseres Erachtens nach eine unnötige Dopplung dar.

Fast allen Entwürfen ist gemeinsam, dass sie in diesen Verweisen oder Copypaste-Vorgängen zumindest keine explizite Abwägung zwischen Geheimhaltungsinteressen und dem öffentlichen Interesse vorsehen. Sie übernehmen die Formulierung, dass eine Geheimhaltung  „erforderlich“ sein muss, um den Zugang zu Informationen zu verweigern – dass bei der Einschätzung, ob etwas „erforderlich“ ist, eine Abwägung mit dem BürgerInnenrecht auf Zugang zu Information nötig ist, wird aus der Lektüre der Gesetze nicht sofort klar.

Nur Oberösterreich geht hier einen Schritt weiter und verlangt zusätzlich, dass eine Geheimhaltung auch verhältnismäßig sein muss. Woanders wird beim flüchtigen Lesen, etwa wenn ein Beamter erstmals das Gesetz anwenden muss, nicht sofort klar, dass die Geheimhaltung nicht absolut ist – eine Hürde für die Transparenz in der Praxis.

Diese schlichte Übernahme der Geheimhaltung ohne den Verweis auf die Verhältnismäßigkeit zeigt, dass der versprochene Kulturwandel weg vom Amtsgeheimnis hin zur Transparenz nicht in den Ländern angekommen ist – ganz zu Schweigen davon, dass bisher nicht ersichtlich ist, dass Länder darüber nachgedacht haben, gewisse Geheimhaltungsbestimmungen zu streichen oder stark abzuschwächen.

Von konkreten Plänen in den Ländern, Transparenz durch weitergehende automatische Veröffentlichung von Informationen auszubauen, haben wir bislang auch noch nicht gehört (wenn es dafür Beispiele gibt, freuen wir uns über Hinweise!).

Keine Verbesserung bei dienstrechtlichen Verfahren

Enttäuschend ist, dass die dienstrechtlichen Verfahren kaum angepasst werden. Hier wären, wenn man den notwendigen Kulturwandel in der Verwaltung ernst nimmt, Anpassungen Richtung Transparenz besonders angemessen gewesen.

Momentan gibt es alleine Konsequenzen für zu viel Transparenz, das heißt, wenn gegen Geheimhaltungsbestimmungen verstoßen wird, jedoch keine für überschießende Geheimhaltung oder Unterwanderung der Transparenz. Im Dienstrecht hätte es die Möglichkeit gegeben, dies neu zu justieren, indem es Konsequenzen für die schikanöse Behandlung von Anfragen oder regelmäßige (rechtswidrige) Zurückhaltung von Informationen vorsieht. Das Gleiche gilt für die Nichtveraktung von relevanten Informationen oder die Löschung von Informationen nach Anfragen.

Andererseits wäre es möglich, unter gewissen Bedingungen Sicherheiten zu geben, dass zu viel Transparenz nicht dienstrechtlich geahndet werden kann. Wenn es etwa keine Wiederholungstat war, eine durchgehende Dokumentation der Anfrage und der Abwägung vorhanden ist, und so nach besten Wissen und Gewissen gearbeitet wurde, sollte klar sein: auch wenn im Ergebnis die Abwägung nicht vor Gericht hält, sollten Beamte und Verwaltungsmitarbeiter*innen sich sicher sein können, dass gelebte Transparenz ihrer Karriere nicht schadet.

Tiroler Untersuchungsausschüsse

Die Tiroler Regelung zu Untersuchungsausschüssen ist ein erfreuliches Signal in Richtung echter Transparenz. Öffentlich Bedienstete dürfen sich bei Befragungen nicht pauschal auf eine Geheimhaltungspflicht berufen. Und selbst wenn die Dienstbehörde eine Geheimhaltung für notwendig hält, kann der Verfahrensleiter im Interesse der Aufklärung eine Aussage dennoch anordnen. Das ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung der demokratischen Kontrolle der Verwaltung. Leider wird dieser bisher nicht von den anderen Bundesländern mitgegangen.

Archivgesetze

Die Änderungen im Landesarchivrecht sind durchwachsen. Bei der Schutzfrist gehen die Bundesländer unterschiedlich vor. Tirol, Kärnten und Vorarlberg setzen künftig auf 20 Jahre. Kärnten hatte diese Frist bereits vorher. Das Burgenland, Oberösterreich und die Steiermark bleiben bei einer Schutzfrist von 30 Jahren. In allen Bundesländern kann der Zugang zu personenbezogenen Daten auch nach Ablauf der Frist eingeschränkt sein, wenn berechtigte Interessen Dritter betroffen sind.

Die Zugangsregeln nach Ablauf der Frist unterscheiden sich ebenfalls deutlich. Am weitesten geht Vorarlberg. Dort gibt es ein allgemeines Zugangsrecht für alle Personen, sofern keine wichtigen Geheimhaltungsgründe entgegenstehen. Tirol regelt den Zugang ähnlich dem neuen Informationsfreiheitsgesetz. Zugang wird gewährt, außer wenn öffentliche Interessen oder ein übermäßiger Verwaltungsaufwand dagegen sprechen. Kärnten ermöglicht den Zugang im Einzelfall auch vor Ablauf der Schutzfrist, wenn das öffentliche Interesse überwiegt oder die Geheimhaltungsgründe weggefallen sind.

Deutlich restriktiver ist das Burgenland. Dort ist ein Zugang vor Ablauf der Frist ausgeschlossen. Auch danach kann die Nutzung verweigert werden, etwa bei hohem Verwaltungsaufwand oder konservatorischen Bedenken. Oberösterreich und die Steiermark nehmen vorerst keine Änderungen an ihren Archivgesetzen vor. Beide erlauben den Zugang erst nach Ablauf der Schutzfrist. Es ist schwer zu sehen, dass dies mit dem Grundrecht auf Zugang zu Informationen – oder einem angekündigten Paradigmenwechsel weg von der Geheimhaltung – zusammenpasst.

Mehr Transparenz bei Landesgesetzblättern

Eine durch das Informationsfreiheitsgesetz angestoßene positive Veränderung ist, dass im Burgenland, in der Steiermark, in Tirol und in Vorarlberg künftig auch Gesetzesmaterialien mit den entsprechenden Gesetzen zu veröffentlichen sind. Gesetzesmaterialien sind Texte, die im Gesetzgebungsprozess entstehen und erklären, was mit bestimmten Regelungen gemeint ist, etwa als Erläuterung. Sie helfen dabei, unklare Begriffe zu interpretieren und den Willen des Gesetzgebers nachzuvollziehen. Für das Verständnis und die Auslegung von Gesetzen sind sie deswegen ein zentrales Hilfsmittel. Daher ist es ein wichtiger Schritt, dass sie künftig in mehreren Bundesländern gemeinsam mit den Gesetzestexten veröffentlicht werden.

Burgenländische IFG-Betreuer*innen

Eine Besonderheit hält die Burgenländische Änderung des Landes-Verfassungsgesetzes bereit. Hier wird in Artikel 69 eine Art IFG-Betreuer*in für das Amt der Landesregierung und für alle Bezirkshauptmannschaften geschaffen, indem eine Regelung für die Informationsfreiheit angepasst wurde, die bestimmt, dass es solche für die Auskunftspflicht geben soll. Diese sollen Bürger*innen “in Rechtsangelegenheiten Informationen […] erteilen und Beschwerden entgegen[…]nehmen.” Das ersetzt zwar keinen vollwertigen Informationsfreiheitsbeauftragten – dafür fehlen die Kompetenzen und Pflichten. Wir sind aber gespannt, wie die eigene Zuständigkeit mit der Bündelung der Aufgaben zur Informationserteilung und Beschwerdeentgegennahme funktionieren, und ob sie sich positiv auf die Transparenz im Burgenland auswirken wird.

Wie viel Transparenz und Korruptionsbekämpfung steckt im neuen Regierungsprogramm?

Im September dieses Jahres tritt das Informationsfreiheitsgesetz in Kraft. Der neuen Bundesregierung fällt damit die Aufgabe zu, die Informationsfreiheit umzusetzen. Diese Pläne stehen in Sachen Transparenz und Korruptionsbekämpfung in ihrem Programm.

Für die Regierungsverhandlungen haben wir im September konkrete Empfehlungen für die Bereiche Transparenz und Antikorruption ausgesprochen. Daher haben wir uns angesehen, was die neue Bundesregierung zu diesen Themen ins Regierungsprogramm genommen hat:

Informationsfreiheit

Das Wort Informationsfreiheit findet sich im Regierungsprogramm zweimal. Beide Male im Kapitel “Verfassung, Menschenrechte und Verwaltung”. Konkret ist die Rede von einer  “Umfassende[n] Umsetzung der Informationsfreiheit” und der “Unterstützung aller betroffenen Stellen bei den Vorbereitungen für die Informationsfreiheit”. Damit bekennt sich die Regierung zwar grundsätzlich zum schon beschlossenen Gesetz, führt aber nicht aus, was sie unter einer “Umfassenden Umsetzung” versteht.

Unklar bleibt beispielsweise, ob eine “Umfassende Umsetzung” einen Verzicht auf Spezialgesetze bedeutet, mit denen der Gesetzgeber die Verfahrensregeln des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) in einzelnen Bereichen aufweichen könnte. Hier hätte es einen expliziten Verzicht auf solche Spezialgesetze gebraucht.

Eine Evaluierung und Nachbesserung des IFG ist jedenfalls nicht vorgesehen. Es wäre essenziell, das Gesetz nach drei Jahren zu überprüfen und gezielt in Richtung mehr Transparenz nachzuschärfen. Dabei fordern wir zumindest:

  • Die Schaffung einer unabhängigen Informationsfreiheitsbeauftragten, um die Umsetzung des IFG sowie einen Kulturwandel hin zu echter Transparenz in der Verwaltung voranzutreiben.
  • Eine Ausweitung der Veröffentlichungspflichten (zum Beispiel für Verträge mit einem Wert über 50.000 €).

Mit dem IFG wird auch die vorgesehene Verfahrensdauer bei Beschwerden gegen verweigerte Informationserteilungen auf maximal zwei Monate reduziert. Doch bereits jetzt ziehen sich Verfahren aufgrund fehlender Ressourcen oft über die gesetzlich vorgesehene Entscheidungsfrist hinaus. Damit diese Frist eingehalten werden kann, bräuchte es eine bessere personelle Ausstattung der Verwaltungsgerichte und eine rasche Nachbesetzung offener Richterposten. Diese Vorhaben stehen jedoch nicht im Regierungsprogramm.

Vielversprechend klingt, dass die österreichische Datenstrategie konsequent umgesetzt werden soll. Abzuwarten bleibt, wie konkret der angekündigte erweiterte Zugang zu öffentlichen Daten für Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung sowie die geplante Öffnung des Zugangs zu Registern für Gemeinden und Länder umgesetzt werden.

Archivgesetz

Es wird die “Prüfung der Modernisierung der Archivierungs- und Dokumentationspflichten in der Verwaltung[…]” angekündigt. Das kann ein Schritt in die richtige Richtung sein, aber ohne klare Vorgaben bleibt ungewiss, ob daraus echte Verbesserungen folgen. Eine wirksame Reform müsste sicherstellen, dass Entscheidungsprozesse von Amtsträger*innen nachvollziehbar bleiben, private Kanäle für amtliche Kommunikation ausschließen, und das gezielte und unrechtmäßige Löschen von Nachrichten und Informationen etwa mittels „selbstlöschender Nachrichten“ verhindern.

Antikorruption

Im Bereich der Korruptionsbekämpfung gibt es einige positive Aussagen im Regierungsprogramm. Die angekündigte “Stärkung der Qualität und Effektivität von Korruptionsermittlungen” und die “Überprüfung der Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung […]” sind wichtige Punkte. Insbesondere die angekündigte Schaffung einer Bundesstaatsanwaltschaft, die statt der Justizministerin an der Weisungsspitze der Staatsanwaltschaften stehen soll, kann die Risiken einer politischen Einflussnahme in Verfahren reduzieren. Eine umfassende nationale Antikorruptionsstrategie mit detaillierten Plänen und regelmäßiger Überprüfung, wie wir sie fordern, fehlt. Damit bleibt abzuwarten, welche konkreten Schritte gesetzt werden, um diese Vorhaben wirksam umzusetzen.

Wir begrüßen, dass beim Schutz von Hinweisgebern Gesetze gegen sogenannte “SLAPP-Klagen” vorgesehen sind, “um missbräuchliche Klagen zur Einschüchterung von Whistleblowerinnen oder Whistleblowern” zu verhindern. Jedoch sind auch andere Akteure, etwa Journalist*innen und Medien von SLAPP-Klagen betroffen, für die dieser Schutz ebenfalls gelten sollte. Dieser Schutz findet sich im Regierungsprogramm im Kapitel Zivilrecht, muss unserer Ansicht nach aber ebenfalls für den öffentlichen Bereich gelten. Der Absatz zum Schutz von Arbeitnehrmer*innen im Öffentlichen Dienst zum “Schutz vor ungerechtfertigten Einflussnahmen ([…] Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern, Korruptionsbekämpfung)” stimmt uns diesbezüglich zuversichtlich.

Parteiengesetz

Die im Regierungsprogramm angekündigte Evaluierung, inklusive Lückenschluss im Parteiengesetz unter Einbindung von Expert*innen, ist dringend notwendig. Allerdings bleibt die neue Regierung an dieser Stelle ebenfalls vage, was darunter zu verstehen ist. Ein erfolgreicher Lückenschluss müsste jedenfalls die Einführung eines neuen Straftatbestands der illegalen Parteienfinanzierung umfassen.

Aus unserer Sicht braucht es zumindest die Offenlegung der Wahlkampffinanzierung vor der Wahl. Außerdem muss unterbunden werden, dass staatliche oder staatsnahe Stellen in Partei-Medien Inserate schalten oder Sponsoring betreiben. Darüber hinaus sollten die aktuellen Bestimmungen auch auf die Parlamentsklubs und Wahlkämpfe zum Bundespräsidenten ausgeweitet werden.

Fehlende Punkte

Besonders vermissen wir im Regierungsprogramm den Beitritt zur Tromsø-Konvention des Europarates, die internationale Mindeststandards zum Zugang zu amtlichen Dokumenten festlegt. Ebenso fehlt der Beitritt zur Open Government Partnership. Durch gemeinsame Aktionspläne würde diese eine bessere Zusammenarbeit von Regierung und Zivilgesellschaft bewirken. Zusätzlich bekäme Österreich einen besseren Zugang zu internationalen Best-Practice-Beispielen.

Eine Offenlegung von wirtschaftlichen Interessen und damit einhergehenden Interessenkonflikten von Abgeordneten, Regierungsmitgliedern, leitenden Beamt*innen und weiteren Entscheidungsträger*innen fehlt ebenfalls. Im Bereich des Parlamentarismus gäbe es zudem die Möglichkeit, mit der der Verabschiedung eines echten Code of Conduct Abgeordneten Anleitungen zum Umgang mit Interessenkonflikten, Geschenken, Einladungen, usw. mitzugeben. Die Verwendung der Abstimmungsanlagen im Parlament könnte zusätzliche Transparenz des Abstimmungsverhaltens der Abgeordneten schaffen.

Aktuell sind bei Rechtsstreitigkeiten zum Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG) die ordentlichen Gerichte zuständig. Da es bei der Informationsweitergabe nach dem IWG in der Regel um staatliche Informationen und Datensätze geht, fordern wir, dass stattdessen die Verwaltungsgerichte zuständig sein sollen. Dort gibt es nämlich kein Risiko eines teuren Verfahrens durch hohe Gerichtsgebühren oder die Übernahme von Anwaltskosten.

Obwohl das Regierungsprogramm einige positive Ansätze enthält, mangelt es an ambitionierten Vorhaben. Viele Punkte bleiben vage, sodass offen ist, welche Fortschritte tatsächlich erzielt werden. Letztlich wird die Umsetzung entscheidend sein, wir werden die Regierung bei Gelegenheit an unsere Forderungen erinnern.

Informationsfreiheit – Expert:innen warnen vor Fehlern auf letzten Metern

Informationsfreiheit: Expert:innen warnen vor Fehlern auf letzten Metern

Zwei Bruchstellen sollten laut Expert:innen vor Beschluss des Informationsfreiheitsgesetzes beseitigt werden, sonst drohen Probleme mit der Durchsetzung der Informationsrechte und bereichsspezifische Amtsgeheimnisse. Diese könnten Korruption und Intransparenz weiterhin ermöglichen.

Wien, 17.1.2024 – Vertreter:innen der Organisationen Epicenter.works, Forum Informationsfreiheit und Saubere Hände bekräftigen nach dem Hearing im Verfassungsausschuss die historische Verantwortung der Parteien, nach fast 11 Jahren politischer Versprechen ein starkes Informationsfreiheitsgesetz zu beschließen. Anhand der Fragen im Ausschuss zeige sich aber, dass es noch heikle Stellen gibt, an denen dringend nachgeschärft werden muss. Neben etlichen Verbesserungen gegenüber der aktuellen Gesetzeslage betrachten die Vertreter der Zivilgesellschaft die Umsetzung im internationalen Vergleich als unambitioniert und fordern die Behebung zweier schwerwiegender Mängel vor dem geplanten Beschluss im Nationalrat am 31. Januar. Nur ein durchsetzungsstarkes Informationsfreiheitsgesetz könne Machtmissbrauch, Amtsmissbrauch und Korruption verhindern.

Sollbruchstelle 1: Nachrang vor allen anderen Gesetzen 

Der schwerwiegendste Mangel: die Informationsfreiheit könne mit beliebigen anderen Bundes- oder Landesgesetzen ausgehebelt werden. So könnten Regierungen und Gesetzgeber in Land und Bund z.B. auch in Zukunft Blackboxen wie die COFAG schaffen, die erstmal jahrelang von der Informationsfreiheit ausgenommen wären, denn wenn Informationszugangsregeln in anderen Gesetzen existieren ist das vorgeschlagene Informationsfreiheitsgesetz „nicht anzuwenden“. „Damit wären bereichsspezifische Amtsgeheimnisse möglich, die Bürger:innen erst vor dem Verfassungsgericht bekämpfen müssten“, betont Markus Hametner vom Forum Informationsfreiheit.

Sollbruchstelle 2: nicht einmal Richter können Einblick erzwingen 

Wenn die Behörde Informationen nicht herausgeben will, dann bleibt nur der Weg zum Verwaltungsgericht. Jedoch fehlt im Gesetz die ausdrückliche Möglichkeit für Richter:innen die Dokumente einzusehen, über deren Herausgabe sie zu entscheiden haben. Es gab in der Vergangenheit schon Fälle, in denen die angefragte Behörde den Richter:innen den Zugang zu den Dokumenten versagt hat. So kann der Rechtsschutz nicht funktionieren. „Auch für die Prüfung, ob tatsächlich Datenschutz-Probleme vorhanden sind, muss sichergestellt werden, dass Richter anhand der konkreten Informationen entscheiden können“, so Thomas Lohninger von Epicenter.works und verweist auf ein Verfahren des Forum Informationsfreiheit beim Verwaltungsgericht Wien sowie die Verwaltungsrichtervereinigung, die auch Regeln zum Informationszugang fordert.

 

Korruption wird möglich, wenn staatliches Handeln im Geheimen stattfinden kann.  Transparenz ist der Schlüssel der Korruptionsbekämpfung. „In dem jetzigen Gesetz ist jedoch nicht sichergestellt, dass alle relevanten Dokumente veröffentlicht werden müssen. Weder wird kontrolliert, ob diese veröffentlicht werden, noch sieht es Sanktionen vor, wenn dies nicht geschieht. Für eine effektive Korruptionsbekämpfung wäre das aber wesentlich “, sagt Ursula Bittner von Saubere Hände.

 

Beilagen:

Unsere Einschätzung im Verfassungsausschuss

Am Montag, 15.1.2024, war Forum Informationsfreiheit–Vorstandsmitglied Markus Hametner im Verfassungsausschuss des Parlaments geladen, um zu einem (abgeänderten) Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz Stellung zu nehmen. Wir veröffentlichen hier den vom Parlament bereitgestellten Entwurf, das Manuskript des Eingangsstatements von Markus Hametner sowie den Link zum aufgezeichneten Livestream auf der Parlaments-Homepage.

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Sg. Damen und Herren,

in zwei Wochen werden es elf Jahre, seit das Forum Informationsfreiheit erstmals die Forderung nach einem Transparenzgesetz erhoben hat. Einem Transparenzgesetz, das Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu staatlichen Informationen ermöglicht, eine proaktive Veröffentlichungspflicht in einem zentralen Register vorsieht, nach internationalem Vorbild überwacht und kontrolliert von einem oder einer unabhängigen Informationsbeauftragten. Und es werden bald elf Jahre sein, seit alle im Parlament vertretenen Parteien zugesagt hatten, die Forderungen dieser Petition umzusetzen.

Heute sprechen wir über ein Gesetz, das Ansätze dieser Forderungen umsetzt. Ich werde die Verbesserungen ansprechen, muss aber in Folge auch auf ambivalente und problematische Punkte hinweisen.

Die wichtigsten Verbesserungen: Eine längst überfällige Klarstellung, dass ein Bürger bzw. eine Bürgerin das Recht auf staatliche Informationen und Dokumente hat, und nicht nur mit vagen Auskünften abgespeist werden kann. Der neu vorgesehene Informationszugang gegenüber vom Staat kontrollierten privaten Organisationen. Diese beiden Verbesserungen sind Meilensteine in den Informationsrechten und werden in der Praxis für Journalistinnen, Wissenschafter und Bürger eine große Verbesserung bewirken.

Fristen und Veröffentlichungspflicht ambivalent

Ambivalent ist das Thema Fristen: Zwei Monate für die Verschriftlichung einer schon erfolgten Entscheidung – und nichts anderes ist die Frist für die Bescheiderstellung – ist aus Sicht von Bürger:innen wirklich nicht nachvollziehbar. Gegenüber dem absurden HALBEN JAHR wie aktuell ist es natürlich eine Verbesserung. Nicht weniger absurd ist, dass Behörden sich für eine Antwort weiterhin bis zu acht Wochen Zeit nehmen können. Aber zumindest nicht 16 Wochen, wie im SPÖ-ÖVP Entwurf im Jahr 2015 vorgesehen.

Zur proaktiven Veröffentlichungspflicht: Eine Pflicht ist nur so gut wie ihre Kontrolle und die Konsequenzen bei Nichtbeachtung. Weder Kontrolle noch Konsequenzen sind hier enthalten. Damit wird nicht nur verhindert, dass Bürger:innen unterlassene Veröffentlichungen von einem Gericht bewerten lassen – auch Verantwortungsträger, die solcher Kritik ausgesetzt sind, haben keine Chance von Gerichten Recht zu bekommen. Stellen, die wollen, werden Informationen veröffentlichen. Die, die nicht wollen, nicht. Wie schon jetzt.

Problem 1: Nachrang

Zum Nachrang in § 16: An dem SPÖ-ÖVP-Entwurf vor über sieben Jahren gab es eine große Schwachstelle: dass in anderen einfachen Gesetzen zusätzliche Ausnahmen geschaffen werden konnten. Das übertrifft der Vorschlag, den Sie nun mit Verfassungsmehrheit beschließen wollen: andere einfache Gesetze werden das mühsam ausverhandelte, mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossene Informationsfreiheitsgesetz als Ganzes unanwendbar machen können. Eine in letzter Minute ohne Erklärung dazu gekommene Sollbruchstelle, die Behörden und Regierungen erlauben wird, Informationserteilungen um Jahre zu verzögern.

Machen wir es konkret. Ein Corona-Förderungs-Gesetz, das ermöglicht, Anfragen erstmal jahrelang nicht zu bearbeiten, vielleicht mit allgemeinen Geheimhaltungsgründen, exorbitanten Gebühren? Ein Vorarlberger-Bürgermeistergehalt-Geheimhaltungsgesetz, das die Offenlegung erst Jahre nach einer Amtszeit vorsieht? Solange die Gesetze „Informationszugangsregelungen“ enthalten wird das ganze Verfahren mit kurzen Fristen, Gebührenbefreiung etc unanwendbar. Bis ein Höchstgericht die Gesetze kippt, was trotzdem die Verfügbarkeit von relevanten Informationen um Jahre verzögert.

Problem 2: Rechtsschutz

Der Rechtsschutz bleibt gleich – obwohl Ihnen die Probleme bekannt sind: Etwa jahrelange Verfahren, die selbst nach Höchstgerichts-Entscheidungen nicht zur Informationserteilung führen. Und Richter:innen, die die angefragten Informationen nicht einsehen können. Verbesserungen dazu sind aus dem Entwurf nicht herauszulesen.

Um das zu betonen: das Gesetz sieht ausschließlich vor, dass der Verfahrensakt zum Gericht geht. Behörden nehmen die angefragten Informationen nicht in diesen Verfahrensakt auf. Es gibt keine Möglichkeit, eine Ergänzung dieses Akts zu erzwingen. Ein Richter hat – wenn es die Behörde nicht will – keine Möglichkeit, sich selbst ein Bild zu machen. Andere Ländern haben eindeutige Regeln dazu.

 

Ein letzter Punkt: Im Wiener Koalitionsvertrag ist ein Informationsfreiheitsbeauftragter vorgesehen, wir sehen nicht, wie er mit diesem Gesetz umsetzbar wäre. Ermöglichen Sie die Schaffung von Informationsfreiheitsbeauftragten zumindest dort, wo es den politischen Willen dafür gibt.

Das Gesetz bringt Verbesserungen und stärkere Bürgerrechte, diese sollten nun auch beschlossen werden.

Es bleibt aber gegenüber internationalen Vorbildern in vielen Punkten besonders dort zurück, wo es darum geht, dass die Transparenz auch bei den Bürgern ankommt.

Die Sollbruchstellen sind teilweise erst im Entwurf von Oktober dazu gekommen, sie wären einfachst ausräumbar. Unsere Vorschläge dazu liegen Ihnen vor.

Österreich und die Bevölkerung verdienen ein fortschrittliches und mutiges Informationsfreiheitsgesetz – ja, dazu braucht es auch Mut durch den Gesetzgeber. Nur dadurch kann es zu dem nötigen tiefgreifenden Kulturwandel kommen, von dem Österreich nur profitieren kann.

Forum Informationsfreiheit fordert Stärkung des Informationsfreiheitsgesetz im Parlament

Transparenz-NGO appelliert für in den parlamentarischen Verhandlungen um eine ⅔ Mehrheit, noch wichtige Anpassungen vorzunehmen und Hintertüren zu schließen, die eine Umgehung der nun verhandelten Regeln ermöglichen oder Recherchen gefährden

Zu den gerade laufenden Verhandlungen im Parlament um eine ⅔-Mehrheit für ein Informationsfreiheitsgsetz mahnt das Forum Informationsfreiheit in einer neuen Stellungnahme wichtige Änderungen ein. Der Gesetzesentwurf müsse noch in vier konkreten Punkte geändert werden. Sonst drohe ein schwer reformierbares Gesetz mit kaum begrenzten Möglichkeiten für Bund und Länder, in weiten Bereichen Amtsgeheimnisse zu schaffen.

Die Adaptionen betreffen den erst im letzten Entwurf hinzu gekommenen Nachrang des IFG gegenüber anderen Gesetzen, die Verankerung des öffentlichen Interesses in den vorgeschlagenen Verfassungsbestimmungen, die Schließung von groben Lücken im Rechtsschutz, sowie die Entschärfung der Regeln zur Information weiterer Personen über eine Anfrage. Würden diese Änderungen im Parlament vorgenommen würde das die größten Einfallstore für Transparenz-Lücken schließen und aktuelle Entscheidungen der Höchstgerichte berücksichtigen.

Das im IFG definierte Anfrage-Verfahren solle nicht wie geplant  durch andere Gesetze ausgehebelt werden können. Bund und Länder könnten sonst in Zukunft in jedem Gesetz mit einfacher Mehrheit das gesamte Informationsfreiheitsgesetz aushebeln und Anfragen zu gewissen Informationen erschweren oder verunmöglichen. „Ein Informationsfreiheitsgesetz sollte Mindeststandards für den Zugang zu Informationen definieren“, so Markus Hametner, Vorstandsmitglied des Forum Informationsfreiheit. Wenn solche Gesetze die Bürgerrechte zu sehr einschränken müssen Bürgerinnen und Bürgern zuerst das Gesetz vom Verfassungsgericht prüfen lassen bevor sie Anfragen stellen können.

Auch die Verfassungsbestimmungen sollten gestärkt und die Abwägung zwischen öffentlichen Interessen und Geheimhaltungsinteressen nicht nur einfachgesetzlich festgeschrieben werden, so das Forum Informationsfreiheit. „Wenn ermöglicht werden soll, dass weitere Gesetze das Informationsfreiheitsgesetz aushebeln, müssen die Regeln im Verfassungsrang gestärkt werden“, so Markus Hametner.

Bei der Kontrolle durch die Gerichte kritisiert das Forum Informationsfreiheit, dass die schon in seiner letzten Stellungnahme 2021 aufgezeigten Probleme nicht ausreichend angegangen wurden. Der aktuelle Regierungsentwurf der beiden Koalitionsparteien erlaubt Behörden sogar jenen Richtern, die über die Informationsverweigerung entscheiden, die angefragten Informationen vorzuenthalten. „Das haben wir schon selbst erlebt, damit wird der Rechtsschutz der Bürger untergraben“, kommentiert Markus Hametner.

Die Vorschrift, dass Personen informiert werden sollen, deren Daten von Anfragen umfasst sind, sieht das Forum Informationsfreiheit grundrechtliche Probleme. Journalistische Recherchen seien besonders geschützt, das stelle auch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs klar, die von den Journalisten Martin Thür und Michael Nikbakhsh erzielt wurde. „Bei Recherchen von Journalist:innen sollte diese Information unterbleiben können, und selbst Anfragen von Durchschnitts-Bürger:innen sollten so behandelt werden, dass die Identität des Anfragestellers geschützt bleibt“, so Markus Hametner.

Neben den konkreten Änderungsvorschlägen zeigt die NGO auch Verschlechterungen im Vergleich zum 2021 präsentierten Gesetzesvorschlag auf, etwa durch die Abschaffung der Informationsrechte gegenüber der Gesetzgebung und der Gerichtsbarkeit und damit auch der Staatsanwaltschaften, sowie durch die Einführung einer 5.000-Einwohner-Grenze für die proaktive Veröffentlichungspflichten. Auch darauf, dass weiterhin ein Informationsfreiheitsbeauftragter nicht vorgesehen ist und auch für seine Funktionen oft keine alternativen Lösungen gefunden wurden weist das Forum Informationsfreiheit einmal mehr hin.

Demokratie-Index: Zustand der demokratischen Infrastruktur stagniert

Nach leichten Verbesserungen in den letzten Jahren zeigt sich heuer eine Trendumkehr im Demokratie-Index. Verantwortlich sind Verschlechterungen bei Grundrechten und Medien.

“Eine liberale Demokratie ist nur dann stark, wenn sie über eine vielfältige und kritische Medienlandschaft verfügt und die Grundrechte konsequent durchsetzt. Österreich zeigt in diesen Bereichen zuletzt aber leider Schwächen – doch es ist nicht zu spät, um gegenzusteuern”, so Luise Wernisch-Liebich vom Verein Demokratie-Index bei der Präsentation am Dienstag in Wien.

Der Index-Wert für die Säule “Medien” sank im vergangenen Jahr um 7,1 Prozentpunkte auf 60,2 Prozent. “Vom Kanzleramt bis zum Gemeinderat offenbart sich: Der Respekt vor der Pressefreiheit ist in Österreich mangelhaft ausgeprägt”, so Mathias Zojer vom Presseclub Concordia. Zuletzt gab es eine Häufung von Versuchen von Politiker*innen, seriösen Journalismus zu diskreditieren. Vereinzelt kam es im vergangenen Jahr aber auch zu rechtlichen und physischen Angriffen auf Journalist*innen.

Der Umbau der Wiener Zeitung stellt einen Rückschritt für die Unabhängigkeit der Medien dar: Anstelle der ältesten Tageszeitung der Welt wurde ein Medienunternehmen unter der direkten Kontrolle des Kanzleramts eingerichtet, das mit 16.5 Millionen Euro im Jahr und viel Handlungsspielraum ausgestattet ist, dabei aber nur wenig Rechenschaft und Kontrolle unterliegt.

Gleichzeitig ist die Medienvielfalt in Österreich durch erhebliche Einnahmeverluste stark bedroht. Staatliche Förderungen und Inserate sind nach wie vor nicht an medienethische Kriterien gekoppelt und die Finanzierung des Presserats ist nicht ausreichend gesichert. Hier muss die Politik dringend gegensteuern. “Verantwortungsvoller Journalismus muss gestärkt werden, um der grassierenden Desinformation entgegenzutreten”, so Zojer.

Eine wesentliche Hürde für die journalistische Arbeit war im vergangenen Jahr auch der beschränkte Zugang zu staatlichen Informationen. Im Vergleich zum Vorjahr wurden im Kapitel Informationsfreiheit 0,7 Prozentpunkte weniger erreicht. „Vergangenes Jahr haben wir eine neue Regelung positiv bewertet, mit der die Politik eine proaktive Veröffentlichungspflicht für Studien und Gutachten versprochen hatte. Mit Inkrafttreten dieser Regelung in diesem Jahr zeigt sich aber: zahlreiche Studien werden weiterhin geheim gehalten – das Versprechen wurde so also nicht eingehalten“ erklärt Markus Hametner, Vorstandsmitglied des Forum Informationsfreiheit. Der neue Gesetzesentwurf der Regierung ist erst nach dem Redaktionsschluss des Demokratie-Index bekannt geworden und konnte deswegen noch nicht in die Bewertung einfließen.

Eine besorgniserregende Entwicklung ist die Verschlechterung der Säule “Souverän” um 1,9 Prozentpunkte. Überfällig sind Verbesserungen im Bereich der Grundrechte: Bei den Rechten für Menschen mit Behinderung, im Strafvollzug, bei der Sicherheit von Frauen, im Schutz vor Diskriminierung, im Asylrecht sowie beim Recht auf Umweltschutz und sozialen Mindestandards..

Verbesserungen gab es in den Säulen Parteien, Justiz, Zivilgesellschaft und Wahlen, insgesamt verschlechterte sich der Wert des Demokratie-Index 2023 um 0,1 Prozentpunkte auf 57,0%.

Der österreichische Demokratie-Index

Der Demokratie-Index bewertet einmal im Jahr die Infrastruktur der Demokratie auf Basis von sieben Säulen: Souverän, Parteien, Legislative, Exekutive, Justiz, Medien und Zivilgesellschaft.

Am Projekt beteiligt sind:

  • Antikorruptionsvolksbegehren
  • Meine Abgeordneten
  • wahlbeobachtung.org
  • Forum Informationsfreiheit
  • epicenter.works
  • Gründungsverein Österreichische Demokratiestiftung
  • Presseclub Concordia

Der Demokratie-Index ist ein ehrenamtliches Projekt der beteiligten NGOs für unsere Demokratie. Alle Informationen zum Demokratie-Index: www.demokratieindex.at

Regierungsentwurf für Informationsfreiheitsgesetz – Unsere Ersteinschätzung

Wir begrüßen, dass es nun einen neuen Regierungsentwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz gibt. Jede Bewegung ist positiv, die Politik ist uns schon seit 10 Jahren im Wort.

Es wäre gut und wichtig, dass ein gutes Informationsfreiheitsgesetz kommt und damit ein neues Grundrecht in Österreich geschaffen wird – das Recht auf Zugang zu staatlichen Dokumenten für alle Bürgerinnen und Bürger.

Das Gesetz ist eine historische Chance für Österreich – das vorgesehene Recht auf Information nimmt Behörden viele beliebte Ausreden. Dass das Recht auch gegenüber Staatsunternehmen durchsetzbar sein soll ist jedenfalls ein wichtiger Fortschritt.

Wir müssen den Entwurf aber jetzt noch im Detail analysieren. Denn: Wie die sogenannte Veröffentlichungspflicht für Studien (Art. 20 (5) B-VG) gezeigt hat, liegt der Teufel im Detail. Wegen Formulierungsmängeln ist es bislang bei Transparenz auf dem Papier geblieben: Ministerien etwa veröffentlichen nur einen kleineren Teil aller Studien. So etwas darf hier nicht passieren.

  • Unsere Stellungnahme und unser Blog Post zum Begutachtungsentwurf (2021) – viele dort angeführte Kritikpunkte gelten weiterhin.

Verbleibende No-Gos

Der Entwurf sieht auf Verfassungsebene etwas vor, das man nur als Ewigkeitsklausel bezeichnen kann (Art. 22a (4) B-VG). Jedes Bundesland könnte aus jedem Grund verhindern, dass das Gesetz in Zukunft geändert werden kann. Bei einem Gesetz, dass den Informationszugang von Bürger:innen grundsätzlich neu regelt und völlig ungetestet ist, muss die Reformierbarkeit unbedingt gewahrt bleiben. Andere Länder evaluieren und verbessern die Gesetze nach wenigen Jahren, hier ist das nicht vorgesehen und jeder Landeshauptmann könnte auf jeden anderen verweisen, dass dieser es ja nicht wolle. Das Gesetz geht jetzt in den parlamentarischen Prozess und aus unserer Sicht sollte neben etwas Detailarbeit besonders dieser Punkt entschärft werden.

Nachdem § 10 nicht vorsieht, dass Behörden die Identität des Anfragestellers schützen, ist dies eine Gefahr für die Medienarbeit und würde Interventionen bei laufenden Recherchen begünstigen.

  • „§ 10: Greift die Erteilung der Information in die Rechte eines andere (§ 6 Abs. 1 Z 7) ein, hat das zuständige Organ diesen davor nach Möglichkeit zu verständigen und zu hören. Hat sich die betroffene Person gegen die Erteilung der Information ausgesprochen und wird diese Information dennoch erteilt, ist sie davon schriftlich zu verständigen.“

Auch der § 16, der Einschränkungen des Informationszuganges durch andere Gesetze erlaubt, ist ein gefährliches Einfallstor, dessen Auswirkungen wir bisher nicht einschätzen können.

  • „§ 16: Soweit in anderen Bundes- oder Landesgesetzen besondere Informationszugangsregelungen bestehen oder besondere öffentliche elektronische Register eingerichtet sind, ist dieses Bundesgesetz nicht anzuwenden.“

Im Parlament sind alle Parteien in demokratischen Verhandlungen gefordert, ein möglichst bürgerfreundliches Gesetz zu finalisieren – und sicherzustellen, dass die Transparenz nicht nur auf den Papier steht, sondern auch gelebt wird. 

International gilt für Transparenzgesetze ein einfacher Gradmesser: Ein Informationsfreiheitsgesetz ist immer nur so gut, wie seine schwächste Bestimmung.

Insbesondere muss sichergestellt werden, dass Bürgerinnen und Bürger ihr Recht auf Information effektiv durchsetzen können, also die gewünschten Dokumente unbürokratisch und rasch bekommen können – auch dann, wenn eine staatliche Stelle dies, etwa aus politischen Überlegungen heraus, nicht herausgeben will.

Was wird sich ändern?

  • Die Verkürzung der Fristen im Rechtsweg ist eine positive Entwicklung, die auch schon im vorherigen Entwurf vorgesehen war. Auch das Informationsrecht gegenüber staatseigenen Unternehmen ist jedenfalls eine positive Entwicklung im Vergleich zur jetzigen Rechtslage.
  • Die vorgesehene automatische Veröffentlichung – für die betroffenen Stellen – von staatlichen Verträgen und Informationen allgemeinen Interesses sollte möglichst ambitioniert und klar gestaltet werdenVerträge mit Wert über 100.000 Euro ist eine äußerst unambitionierte Grenze.
  • Die Abschaffung der Veröffentlichungspflicht für manche Gemeinden ist ein Foul an ihren Einwohnern. Sie müssen sich mit ihrem Bürgermeistern anlegen für die Informationen, zu deren Herausgabe andere Bürgermeister verpflichtet sind. Und da geht es nicht um nichts, sondern um Verträge über 100.000 Euro. Das betrifft auch die aktuelle Veröffentlichungspflicht von Studien in kleinen Gemeinden, das wäre also eine Verschlechterung für die Bürger des Großteils der Gemeinden.