Parteienfinanzierung: Forum Informationsfreiheit begrüßt Rechnungshof-Initiative 

Transparenz-NGO für Straftatbestand der illegalen Parteienfinanzierung und volle Transparenz noch vor dem Wahltag

Das Forum Informationsfreiheit (FOI) begrüßt, dass der Rechnungshof die Befangenheiten der Parteien und ParteipolitikerInnen durchbricht, und als unabhängige Instanz einen sehr guten Vorschlag für mehr Transparenz und Kontrolle der Parteienfinanzierung gemacht hat, der sich gut mit weiteren nötigen Punkten ergänzen lässt.

Das FOI hält darüber hinaus unter anderem einen Straftatbestand für illegale Parteienfinanzierung für Verantwortliche in den Parteien für nötig, damit in schweren Fällen auch die Staatsanwaltschaft tätig werden und ermitteln kann. Als Vorbild kann hier Deutschland dienen, aber auch das Beispiel Frankreich zeigt, dass derartige Gesetzesverstöße in anderen Ländern zu klaren Konsequenzen führen.

Ebenso muss ein „gläsernes Wahlkampfkonto“ vor der Wahl das Gebot der Stunde sein, nicht erst ein veröffentlichter Bericht sechs Monate nach der Wahl. Anleihen könnte man sich hier an Nachbarn im Osten nehmen, insbesondere am Modell der Slowakei, wo die Öffentlichkeit in Echtzeit online Wahlkampfkonten von Parteien und KandidatInnen einsehen kann. „Die Bürgerinnen und Bürger müssen nachvollziehen können, wie die Parteien ihren Wahlkampf finanzieren, und zwar bevor sie ihre Stimme am Wahltag abgeben“, sagt FOI-Vorstand Mathias Huter.

FOI-Vorstand Huter dankt jedoch RH-Präsidentin Margit Kraker seitens der Transparenz-NGO für die wichtige Initiative und ist „überzeugt, dass sich diese und andere nötigen Erweiterungen auf Basis des neuen Entwurfs sicher noch gut ergänzen lassen.“

Zusammen mit dem dem Parteienfinanzierungs-Experten und FOI-Beirat Hubert Sickinger hat das Forum Informationsfreiheit zuletzt 2019 die Regelungen zu den Parteifinanzen im Detail analysiert und umfassende Reformvorschläge vorgelegt. Auf Parteispenden.at versucht das FOI außerdem, Licht ins Dunkel der Parteifinanzen zu bringen – was jedoch wegen der Lücken im Gesetz und den mit mehreren Jahren Verzögerung erscheinenden Rechenschaftsberichten der Parteien nur bedingt möglich ist.

 

Rückfragen: 

Mathias Huter
Vorstand, Forum Informationsfreiheit
mathias.huter@informationsfreiheit.at
0699 126 39 244

Datenlöschungen im Kanzleramt würde Auskunftspflicht-Verfahren von Transparenz-NGO betreffen

Forum Informationsfreiheit fordert sofortigen Stopp der geplanten Datenlöschung – NGO beantragte schon am 5. Oktober die Übermittlung von Kalendereinträgen aus 2020 – Keine Notwendigkeit für Löschung, sondern demokratiepolitische Notwendigkeit der Aufbewahrung.

Das Forum Informationsfreiheit (FOI) zeigt sich entsetzt, dass nach seiner Forderung nach Löschverboten für Informationen über Amtsgeschäfte und einem Dokumentationsgesetz offenbar große Löschaktionen im Bundeskanzleramt (weiter) geplant wurden. Laut einem Bericht des STANDARD sollten E-Mails und Kalendereinträge, die älter als ein Jahr sind, am 10. November automatisch gelöscht werden.

 

Die Transparenz-NGO hält eine Löschung von Kommunikationsdaten und Kalendereinträgen für demokratiepolitisch höchst problematisch, da die Nachvollziehbarkeit der Entscheidungsprozesse im ersten Halbjahr der Pandemie und zu zahlreichen weiteren politischen Themen dadurch erschwert, auch die Klärung der politischen Verantwortung nahezu verunmöglicht würde.

 

Deswegen hatte das Forum Informationsfreiheit schon am 5. Oktober jene Kalendereinträge auf Basis des Auskunftspflichtgesetz angefragt, die seit der Regierungsbildung im Jahr 2020 von hohen Mitarbeitern – auch Kabinettsmitarbeitern – angefertigt wurden. Diese Informationen sind nach Ansicht des FOI aktuell Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Verfahrens – und damit Beweismittel.

 

„Es ist uns kein Rechtsmittel ersichtlich, mit dem wir eine angedachte Löschung bis zur Entscheidung über diese Anfrage effektiv verhindern können.“, so Anfragesteller und Vorstandsmitglied des Forum Informationsfreiheit Markus Hametner. „Sollte die Löschung doch noch vorgenommen werden, würde das laufende Auskunftsverfahren wohl ins Leere laufen.“ Damit entstünde beim Forum Informationsfreiheit der begründete Verdacht etwaiger Beweismittelunterdrückung betreffend ein Verwaltungsverfahren gemäß § 295 StGB durch MitarbeiterInnen des Bundeskanzleramts.

 

„Wir sehen die Notwendigkeit nicht, Informationen über die Zusammenarbeit in der Verwaltung zu löschen – im Gegenteil: es gibt eine demokratiepolitische Notwendigkeit, die Informationen zu sichern. Die Regierung muss eine volle Aufklärung von Vorwürfen ermöglichen und Transparenz sicherstellen, um das schwer beschädigte Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik wieder zu reparieren. Eine Datenlöschung wäre ein völlig gegenteiliges Signal an die Öffentlichkeit, nämlich dass Aufklärung verhindert werden soll und die Notwendigkeit für mehr Nachvollziehbarkeit und Offenheit von der Regierung nicht erkannt wird“, sagt FOI Vorsitzender Mathias Huter.

 

In Irland ist die Löschung von Informationen nach Erhalt einer sie betreffenden Anfrage explizit strafbar. Außen- und Verteidigungsminister Simon Coveney behauptet aktuell, Nachrichten gelöscht zu haben, bevor sie angefragt wurden. Andere Länder haben noch strengere Regeln, nach denen Löschungen nur dann straffrei bleiben, wenn sie im Einzelfall durch eine unabhängige Archivbehörde genehmigt wurden. Das fordert das Forum Informationsfreiheit auch für Österreich.

 

Anfragen nach Kalendereinträgen des irischen Ministers wurden übrigens vollständig beantwortet, in zahlreichen anderen Demokratien sind die Kalender politischer Entscheidungsträger ohnehin frei online zugänglich.

 

Erst am Dienstag hatte das Forum Informationsfreiheit ein Dokumentationsgesetz und ein Löschverbot für berufliche Kommunikation von AmtsträgerInnen gefordert. Ein entsprechender Entschließungsantrag wurde von der SPÖ im Nationalrat eingebracht.

Korruptionsaffäre: Transparenz-NGO fordert Löschverbot für Handys von Amtsträgern der Republik

Forum Informationsfreiheit fordert volle Aufklärung und umfassende Transparenzregeln:

  • Dokumentationsgesetz soll Amtsträger zu beruflichen Kommunikationsgeräten verpflichten und das Löschen von Nachrichten unter Strafe stellen
  • Beschluss eines effektiven Informationsfreiheitsgesetzes darüber hinaus nun Gebot der Stunde

WIEN – Das Forum Informationsfreiheit (FOI) ortet dringenden Handlungsbedarf für schärfere Transparenzgesetze: Berichte über mutmaßlich missbräuchliche Verwendung von Steuergeld für persönliche und parteipolitische Zwecke müssten bei den Verantwortlichen alle Alarmglocken schrillen lassen. Das FOI fordert daher nicht nur volle Aufklärung der bisherigen Vorgänge, sondern vor allem umfassende Transparenzregeln für die Zukunft.

Nachdem erste politische Konsequenzen gezogen wurden, sei es nun das Gebot der Stunde, ein effektives Informationsfreiheitsgesetz zu beschließen, das den Namen auch verdiene. „Es gilt nicht nur, Amtsmissbrauch und Korruption in Zukunft zu verhindern, sondern auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Politik und Verwaltung zurückzugewinnen. Das geht nur mit echter Transparenz und echter öffentlicher Kontrolle”, sagt Mathias Huter, Vorstand des Forum Informationsfreiheit.

Darüber hinaus fordert das Forum Informationsfreiheit ein neues Dokumentationsgesetz, das Amtsträger der Republik zu beruflichen Kommunikationsgeräten verpflichtet und das Löschen von Nachrichten auf offiziellen Geräten und Kanälen unter Strafe stellt.

„Wenn eine solche Affäre erst fünf Jahre später bekannt wird, und dann nur durch einen Zufallsfund, zeigt das, wie sehr es Reformen braucht, um Machtmissbrauch effektiv zu verhindern“, so Mathias Huter.

Politische Verantwortung darf nicht verschleiert werden können

Mit der Kommunikation über Handys werde immer mehr Macht ausgeübt und damit Fakten geschaffen: Staatliches Handeln müsse dabei nachvollziehbar bleiben, Entscheidungsprozesse von Amtsträgern im Nachhinein rekonstruierbar sein, um die politische Verantwortung klären zu können.

Die Nichtlieferung von Akten und das Zurückhalten von Emails von Ministern im U-Ausschuss sowie die Nutzung privater Handys durch den ehemaligen Bundeskanzler hätten gezeigt, wie die Kontrollfunktion des Parlaments durch die Regierung konterkariert werden kann.

Diensthandys kein rechtsfreier Raum

Es könne nicht sein, dass die Republik mit den geschaffenen Fakten leben müsste, aber die politisch Verantwortlichen ihre Spuren verwischen könnten, und sich damit ihrer Verantwortung entledigen. Daten von Diensthandys müssten genauso gesichert werden, wie alle anderen Kommunikationsdaten der Ministerien auch, damit die Kontrollfunktion wahrgenommen werden kann. Denn Diensthandys dürfen kein rechtsfreier Raum sein. Das gelte auch für Handys und Mails von Kabinettsmitarbeitern.

„Um Missbrauch und Korruption in Zukunft so weit wie möglich zu erschweren und zu verhindern, braucht es einen Paradigmenwechsel. Wo es Macht gibt, braucht es Transparenz um Kontrolle sicherzustellen. Das lässt sich nur mit einer lückenlosen Dokumentation und Archivierung der beruflichen Kommunikation von Amtsträgern gewährleisten“, sagt Huter.

Löschverbote in anderen Staaten bereits verankert

Eine rasche Umsetzung eines starken Transparenzgesetzes würde öffentliche Kontrolle ermöglichen und den Missbrauch von öffentlichen Geldern und anvertrauter Macht verhindern, da sich das Risiko für die Beteiligten, ertappt zu werden, massiv erhöhen würde.

In anderen Ländern sei man da bereits weiter: In Deutschland wurde die Debatte bereits im vergangenen Jahr begonnen, in Irland wurden Ermittlungen gegen einen Minister nach einer Löschung gestartet – und englischsprachige Staaten wie die USA oder Neuseeland hätten schon lange klare Löschverbote in ihren Gesetzen.

Auto-Burn-Funktionen absolutes No-Go, Kontrollstelle soll Ausnahmen genehmigen

Ein Transparenzgesetz wie das Informationsfreiheitsgesetz kann jedoch keine Nachvollziehbarkeit sicherstellen, wenn Amtsträger ihre Kommunikation über private Handys und Email-Konten führen dürfen, und Daten einfach ohne Konsequenzen vernichten können.

Vor allem Messenger-Apps oder Software mit “Auto-Burn”-Funktion, wie sie zuletzt in Ministerien angeschafft oder angedacht worden sein sollen, seien daher ein absolutes No-Go im Verwaltungsbereich. Auch das Löschen beruflicher Terminkalender dürfe es in Zukunft nicht mehr geben, so FOI-Vorstand Mathias Huter.

Derzeit überlasse das Archivgesetz dem Personal in Behörden die Entscheidung, ob ihre eigene Kommunikation zu archivieren sei. “Kommunikation wird in der Regel nur archiviert, wenn sie einem bestimmten Akt zugeordnet wird“, so FOI-Vorstandsmitglied Markus Hametner. „Das muss in Zukunft anders sein: Löschungen dürften nur in Ausnahmefällen erfolgen, und müssten bei einer eigenen Stelle explizit beantragt und genehmigt werden“.

Wichtiger Nebeneffekt: Ein Verbot, das private Smartphone für Republiks-Angelegenheiten zu nutzen, sei schon im Sinne der Informationssicherheit staatlicher Information wichtig.

Rückfragehinweis: 

Mathias Huter,
Vorsitzender, Forum Informationsfreiheit
mathias.huter@informationsfreiheit.at
+43 699 126 39 244

Veröffentlichung des Eurofighter-Vertrags: Zwischenerfolg für Forum Informationsfreiheit vor dem VwGH

  • Höchstgericht: Fragen um Dokumentenübermittlung fallen unter das Auskunftspflichtgesetz, Zugang zu Eurofighter-Kaufvertrag grundsätzlich im öffentlichen Interesse
  • Anfrage aus dem Jahr 2015 nunmehr zum vierten Mal beim Bundesverwaltungsgericht

 

Sechseinhalb Jahre nach der Anfrage des Kaufvertrags der Eurofighter vom Verteidigungsministerium – und zweieinhalb Jahre nachdem das Forum Informationsfreiheit eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht hat – hat FOI-Vorstandsmitglied Markus Hametner eine positive Zwischenentscheidung des Höchstgerichts erhalten. Die Anfrage falle tatsächlich unter das Auskunftspflichtgesetz, so der Verwaltungsgerichtshof (VwGH). Das Ministerium hatte argumentiert, eine Anfrage nach der Übermittlung des Vertrags sei nicht vom Auskunftspflichtgesetz gedeckt. Der VwGH konnte nicht erkennen, wie der Zugang zu den angefragten Informationen „des ursprünglichen und des abgeänderten Kaufvertrags bezüglich [der] Anschaffung von Flugzeugen des Typs Eurofighter Typhoon“ nicht im öffentlichen Interesse wäre.

Entscheidung stärkt Recht auf Dokumenteneinsicht für JournalistInnen und NGOs

Damit fällt das immer wieder durch Behörden vorgebrachte Argument, Anfragen nach Dokumenten seien nicht durch das Auskunftspflichtgesetz durchsetzbar. Die VwGH-Entscheidung folgt den Argumenten des Forum Informationsfreiheit und stärkt damit die Position von JournalistInnen und zivilgesellschaftlichen Organisationen („Public Watchdogs“), Dokumente durch Anfragen zu erhalten. Auch wenn Österreich ohne Informationsfreiheitsgesetz weiterhin das letzte Land der Europäischen Union bleibt, in dem das Recht auf Zugang zu staatlichen Dokumenten für Bürgerinnen und Bürger immer noch nicht im Gesetz steht. 

Sechs Jahre Verfahren und kein Ende in Sicht

Die Entscheidung zeigt allerdings erneut, wie unzulänglich der Rechtsweg ist, um das Recht auf Informationszugang in Österreich durchzusetzen. Schon das Bundesverwaltungsgericht hat erst im dritten Anlauf entschieden – zwischen 2015 und 2017 wurde dem Verteidigungsministerium drei Mal Gelegenheit gegeben, die Begründung für die Informationsverweigerung zu verbessern, da die Argumentation der Auskunftsverweigerung jeweils mangelhaft war. Die Verfahrenskosten – glücklicherweise nur 30 Euro – fielen damit drei Mal an. Die erste Entscheidung in der Sache – mit der entschieden wurde, dass der Zugang zu den Verträgen nicht zu erteilen ist – wurde nun vom Höchstgericht gekippt.

Selbst auf die Einleitung(!) des Verfahrens am VwGH musste Markus Hametner fast eineinhalb Jahre warten: Im April 2019 reichte Hametner Revision gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ein. Erst am 3. August 2020 wurde das Verfahren eingeleitet und die Behörde zur Stellungnahme aufgefordert.

Intransparenz heimischer Groß-Beschaffungen 

Für das Forum Informationsfreiheit ist klar: „Das Vertragswerk  ist ganz klar von höchstem öffentlichem Interesse”, sagt FOI-Vorstandsmitglied Markus Hametner, “das wurde nun auch gerichtlich bestätigt. Die Bürgerinnen und Bürger haben also ein Recht auf diese Information – und es gibt keine Rechtfertigung für Politik und Verwaltung es den Bürgerinnen und Bürgern weiter vorzuenthalten.“

Warum die Unterlagen um korruptionsumwitterten Eurofighter-Kauf, der schon Gegenstand mehrerer parlamentarischer Untersuchungsausschüsse war, nicht schon proaktiv veröffentlicht wurden, ist nicht nachvollziehen. Die wenigen Vertragsdetails, die tatsächlich noch geheim bleiben müssten, weil bei ihnen das öffentliche Interesse nicht überwiegt – könnten leicht geschwärzt werden. 

2014 hatte Hametner vom britischen Verteidigungsministerium einen Eurofighter-Kaufvertrag des vereinigten Königreichs angefragt – und erhielt daraufhin ein mehrere tausend Seiten umfassendes Vertragswerk, dass zwar einige Schwärzungen enthielt, aber klar als militärisch nicht sensibles Dokument eingeordnet war.  

„Eine unserer Forderungen ist, generell alle Kaufverträge der öffentlichen Hand proaktiv offen zu legen. Da die Regierung das selbst – mit einer Kostengrenze ab 100.000 Euro – schon im Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz vorgesehen hat wäre dieser Fall eine gute Gelegenheit, mit gutem Beispiel voran zu gehen“, so Mathias Huter, Vorstandsvorsitzender des Forum Informationsfreiheit. Tatsächliche militärische Geheimnisse könnten weiterhin geschwärzt werden.

Das Verfahren – also die Frage, ob der Eurofighter-Kaufvertrag nun endlich herausgegeben werden wird –  muss nun erneut vom Bundesverwaltungsgericht entschieden werden – sechseinhalb Jahre nach der ursprünglichen Anfrage.

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Wir suchen Nominierungen für „Mauer des Schweigens” – Verleihung am 28. September

Im Rahmen des „International Right to Know Day”, der von Transparenz-Aktivisten und der UNESCO am 28. September 2018 gefeiert wird, verleihen wir dieses Jahr wieder die „Mauer des Schweigens” – einen Preis für besondere Bemühungen um die Verweigerung amtlicher Antworten und die Geheimhaltung von Informationen öffentlichen Interesses vor den Bürgerinnen und Bürgern.

Bis 20. September nehmen wir deswegen Ihre Nominierungen entgegen: 

Wenn Ihnen Informationen, die im öffentlichen Interesse wären, verweigert wurden, freuen wir uns über Einreichungen in folgendem Formular.

Zum Einreichformular

Den Preis verleihen wir am 28.09.2021 per Aussendung und Newsletter.

In den vergangenen Jahren ging der Negativ-Preis für die Verhinderung von Transparenz u.a. an die Bundesregierung für die Intransparenz rund um Corona, an das Innenministerium (für das Zutrittsverbot für Journalisten zum Flüchtlingslager Traiskirchen), an den Stadtschulrat Wien (für die Weigerung, Eltern Einsicht in die Lesetests ihrer Kinder nehmen zu lassen) und an die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP (für das nicht gehaltene Versprechen, das Amtsgeheimnis abzuschaffen).

Gibt es Transparenz-Vorreiter?

Dieses Jahr suchen wir außerdem erstmals Nominierungen für einen Transparenz-Positivpreis: Sie können äußerst positive Erfahrungen nominieren, die Sie mit auskunftsfreudigen Behörden gemacht haben – oder Sie nominieren die  Behörde, für die Sie arbeiten, die sich als besonders transparent wahrnimmt! Wir können jedoch nicht garantieren, dass dieser tatsächlich verliehen wird – es bräuchte mehrere Nominierungen für echte Anstrengungen in Richtung Transparenz.

 

Offener Brief von NGOs zum Gesetzgebungsprozess Informationsfreiheitsgesetz

Forum Informationsfreiheit, Amnesty International, Presseclub Concordia, Epicenter.works, Ökobüro, Reporter ohne Grenzen Österreich und WWF Österreich wenden sich heute per offenem Brief an die Ministerinnen, die für den Gesetzgebungsprozess zum Informationsfreiheitsgesetz zuständig sind. Wir fordern einen auch nach der ersten Begutachtungsphase offenen Gesetzgebungsprozess: zumindest ein öffentliches Hearing mit den Autoren des Gesetzes sowie einen klaren Zeitplan.

Außerdem fordern wir, dass die vorgesehene Veto-Möglichkeit für alle Landeshauptleute bei künftigen Gesetzesänderungen entfällt. „International bewährte Vorgangsweise wäre, nach wenigen Jahren eine Evaluierung des Gesetzes durchzuführen und entsprechende Nachschärfungen vorzunehmen. Österreich plant genau das Gegenteil – eine Einzementierung in die Realverfassung, bei der jeder falsche Beistrich, jeder vage Begriff, jede international unüblich lange Frist schwerer zu ändern wäre als die Bundesverfassung“, so Mathias Huter, Vorstandsvorsitzender des Forum Informationsfreiheit.

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Forum Informationsfreiheit: Entwurf für Amtsgeheimnis-Abschaffung stellt keinen Transparenz-Kulturwandel in Verwaltung sicher

Fehlender Informationsfreiheitsbeauftragter und mangelhafter Rechtsschutz sind zentrale Schwachstellen des Informationsfreiheitsgesetzes

Wien – 15 April 2021. Der Regierungs-Entwurf für das Informationsfreiheitsgesetz, mit dem das Amtsgeheimnis abgeschafft und ein Bürgerrecht auf Zugang zu staatlicher Information eingeführt werden soll, würde zwar Verbesserungen im Vergleich zur aktuellen Rechtslage bringen, in vielen wichtigen Aspekten ist der Entwurf jedoch äußerst unambitioniert. Das betont das Forum Informationsfreiheit (FOI), das sich seit Jahren für ein internationalen Standards entsprechendes Informationsfreiheitsgesetz einsetzt, in einer ausführlichen Stellungnahme. Österreich ist das letzte demokratische Land Europas ohne Bürgerrecht auf Zugang zu staatlichen Dokumenten.

„Das selbstgesetzte Ziel der Regierung, dass Bürgerinnen und Bürger in Zukunft rasch, unbürokratisch und ohne finanziellen Aufwand Informationen und Dokumente erhalten können, wird in der vorliegenden Fassung nicht erreicht. Insbesondere dann nicht, wenn es um politisch relevante Informationen geht, die eine staatliche Stelle nicht öffentlich machen möchte. Unsere Erfahrung zeigt: monatelange Fristen werden von Politik und Behörden oft ausgereizt. Die Verwaltungsgerichte, die im Streitfall entscheiden, können angefragte Informationen nicht einmal selbst einsehen, und Behörden können sogar höchstgerichtliche Entscheidungen zur Transparenz einfach ignorieren“, so FOI-Vorstandsvorsitzender Mathias Huter.

Zentrale Schwäche: Fehlen einer unabhängigen Kompetenz-Stelle

Zentrale Schwäche des Gesetzesentwurfs ist das Fehlen einer unabhängigen Kompetenz-Stelle in Form eines/r unabhängigen Informationsfreiheitsbeauftragten, die Behörden umfassend bei der Auslegung und Anwendung von Transparenz-Bestimmungen beraten, als Anlaufstelle für BürgerInnen im Streitfall rasch und unbürokratisch über die Herausgabe von Informationen entscheiden, und die Umsetzung des Gesetzes kontrollieren würde.

„Ohne Informationsfreiheitsbeauftragte wird es keinen Kulturwandel in Politik und Verwaltung hin zu mehr Transparenz und Offenheit geben. In vielen europäischen Ländern zeigt sich klar, dass Informationsfreiheit in der Praxis nur gelebt wird, wenn es eine Kompetenz- und Kontrollstelle für staatliche Transparenz gibt. Ohne solche Stelle steht zu befürchten, dass BürgerInnen ihr Recht auf Zugang zu staatlicher Information kaum durchsetzen werden können, und dass Behörden weiterhin bei Anfragen zu politisch brisanten Themen mauern können, ohne Konsequenzen und Sanktionen befürchten zu müssen”, sagt Huter.

Echte Kontrolle kann weiterhin verhindert werden

„So kann echte öffentliche Kontrolle darüber, wie Steuergeld und öffentliche Ressourcen verwendet werden und auf welcher Informationsbasis die öffentliche Hand Entscheidungen trifft, auch in Zukunft effektiv verhindert werden”, sagt Huter.

Eine vierwöchige Frist bis zur Auskunftserteilung, die noch verlängert werden kann, untergräbt die Möglichkeit für JournalistInnen und die Zivilgesellschaft, rasch wichtige Informationen zu aktuellen Diskussionen erhalten zu können. Die vorgesehene automatischen Veröffentlichung von staatlichen Verträgen und Informationen allgemeinen Interesses sollte deutlich ambitionierter gestaltet werden. „Hier gibt es keinen Mechanismus, der die Veröffentlichungspflicht mit Leben erfüllt – wie bei Open Data wird es viele Behörden geben, die sich dafür einsetzen – und einige, die ihre Pflichten ohne Konsequenzen vernachlässigen.“

Hauptsächlich gesetzliche Festschreibung schon geltender Gerichtsentscheidungen

Der Gesetzesentwurf ist eine Verbesserung gegenüber früheren Entwürfen und den derzeit geltenden Auskunftspflichtgesetzen und enthält wichtige Klarstellungen – etwa dazu, dass alle Arten von Informationen und auch Dokumente grundsätzlich anfragbar sind und dass – wenn Geheimhaltungsinteressen zutreffen – ein teilweiser Informationszugang statt vollständiger Geheimhaltung geboten ist. Viele dieser Klarstellungen sind jedoch Festschreibungen der aktuell aufgrund von Entscheidungen der Höchstgerichte und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte geltenden Rechtslage, über diese Mindeststandards wird kaum hinaus gegangen.

So ist zwar für Anfragen eine grundsätzliche Gebührenfreiheit vorgesehen, als erste Beschwerdeinstanz ist jedoch das Verwaltungsgericht vorgesehen, das nur gebührenpflichtig befasst werden kann. Diese Gebühren fallen auch dann an, wenn Behörden den Informationszugang klar zu Unrecht verweigern – und werden bei Erfolg vor Gericht nicht rückerstattet. FOI-Vorstandsmitglied Markus Hametner, der schon zahlreiche erfolgreiche Verfahren gegen Behörden geführt hat: „Gegen Behörden, die sich unwillig zeigen und das Mindestmaß an Transparenz anstreben, wird jedes Informationsbegehren ein bürokratischer Albtraum bleiben. Konsequenzen für Behörden, die sich intransparent zeigen, gibt es nicht – nur Gebühren und Mühen für Anfragesteller.“

Mathias Huter: „Seit Jahren beschwören Politiker und Parteien einen dringend nötigen Kulturwandel. Nun hätte die Politik die Gelegenheit, ihn durchzusetzen. Von Strukturen und Systemen, die ihn wirklich voran bringen könnten, ist in diesem Entwurf leider keine Spur.“

Bestrebungen verschiedener Institutionen, gegen Transparenz-Reformen im jeweiligen Einflussbereich aufzutreten, kritisiert das FOI: „All die in letzter Zeit ans Licht gekommenen Korruptions-Vorwürfe und Affären machen klar: Es braucht einen wirklich großen Wurf bei staatlicher Transparenz. Öffentliche Kontrolle muss nicht nur auf dem Papier, sondern in der Praxis sichergestellt werden.“

Das Forum Informationsfreiheit (FOI) engagiert sich seit zehn Jahren mit Projekten wie dem Watchblog Amtsgeheimnis.at, der Kampagne Transparenzgesetz.at und der Anfrageplattform FragDenStaat.at für ein Bürgerrecht auf Informationsfreiheit und ein transparentes Österreich. Es hat mehrfach Musterverfahren gegen Behörden geführt und wegweisende höchstgerichtliche Entscheidungen erreicht.

 

Rückfragen:
Mathias Huter, Forum Informationsfreiheit
0699 126 39 244
office@informationsfreiheit.at

Forum Informationsfreiheit in der ZIB 2

Vergangene Woche ist der Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz in Begutachtung gegangen. Am Sonntag war unser Vorstand Mathias Huter dazu in der “Zeit im Bild 2” bei Martin Thür.

Wir haben die wichtigsten Punkte, die wir in der ZIB 2 betont haben, zusammengefasst. An einer ausführlichen juristischen Stellungnahme zum Gesetzesentwurf arbeiten wir noch.

1. Es braucht einen Kulturwandel in der Verwaltung

Wir haben in Österreich bis heute eine Informationspolitik nach Gutsherrenart.

Der Gesetzesentwurf würde eine Informationspflicht der Behörden bringen und erstmals in Österreich ein Bürgerrecht auf Dokumenteneinsicht verankern. Die gesetzliche Lage würde verbessert.

Wir fürchten jedoch, dass der Entwurf eines nicht sicherstellen kann: einen Kulturwandel in der Verwaltung, hin zu Offenheit und echter Transparenz.

So ist etwa nicht klar definiert, welche Dokumente die Behörden aktiv veröffentlichen müssen – und wenn sie Informationen nicht aktiv veröffentlichen, gibt es keine Möglichkeit, dieses Versäumnis zu sanktionieren. Aus dem Gesetz lässt sich nicht herauslesen, ob etwa die COVID-Hilfszahlungen an Unternehmen im Detail veröffentlicht würden.

2. So viel Transparenz wie möglich, so wenig Geheimhaltung wie nötig

Die Behörden stehen in Zukunft vor der Herausforderung, mögliche Geheimhaltungsgründe und das öffentliche Interesse an Transparenz bei einzelnen Anfragen abzuwiegen. Unsere langjährigen Erfahrungen lehren uns: besonders wenn es um politisch sensible Auskünfte geht, halten Behörden im Zweifelsfall Informationen zurück.

Da braucht es eine unabhängige Stelle, die Behörden und Bürgern zur Seite steht und sicherstellt, dass all das transparent wird, was nicht unbedingt geheim bleiben muss.

3. Ein neues Informationsregister

Österreich ist das letzte Land der EU, das bis dato kein Bürgerrecht auf Dokumenteneinsicht hat.

Geplant ist nun, dass Informationen “von allgemeinem Interesse” – neben Studien und Gutachten etwa auch alle Verträge der öffentlichen Hand über 100.000 Euro – online veröffentlicht werden müssen. Diese Schwelle im Entwurf ist für uns deutlich zu hoch angesetzt. 

Dabei zeigen internationale Beispiele, dass mehr Transparenz auch zu mehr Wettbewerb führt: Seit die Slowakei jeden Vertrag der öffentlichen Hand über 1.000 Euro online veröffentlicht, bewerben sich viel mehr Firmen um öffentliche Aufträge. Schützenswerte Geschäftsinteressen können hier immer noch vereinzelt geschwärzt werden.

4. Datenschutzbehörde zur Beratung führt zu Ungleichgewicht

Ein mögliches Problem gibt es in diesem Gesetzesentwurf mit der Rolle der Datenschutzbehörde: Sie soll die Behörden mit Blick auf den Datenschutz unterstützen und beraten. Wir fürchten: das wird dazu führen, dass die Datenschutzbehörde im Zweifel zum Zurückhalten der Informationen rät und so Geheimhaltung stärkt. BürgerInnen haben aber keine Stelle, die sie berät, und die Transparenz vorantreibt. Das führt zu einem Ungleichgewicht.

Die Lösung ist ein/e unabhängige/r Informationsfreiheitsbeauftragte/r, wie international üblich. Diese Stelle würde Behörden und BürgerInnen beraten und kann zeitnahe abwägen, was veröffentlicht werden sollte und was nicht. Dazu würde die Stelle die Umsetzung des Gesetzes sicherstellen und einen Kulturwandel in der Verwaltung vorantreiben.

Positive Aspekte des geplanten IFG

Obwohl der Gesetzesentwurf einige Schwächen hat, die noch behoben werden sollten, gibt es auch positive Aspekte, die wir hier hervorheben wollen:

  • ein verfassungsmäßiges BürgerInnenrecht auf Zugang zu staatlicher Information soll kommen, das Amtsgeheimnis wird nicht mehr im Verfassungsrang stehen;
  • ein Recht auf Zugang zu staatlichen Dokumenten kommt (wie dies international üblich ist – Österreich ist das letzte Land in der EU, das bislang kein solches Recht kennt);
  • Anfragen und deren Beantwortung werden gebührenfrei sein (statt wie bisher 15 bis 30 Euro);
  • Auskunftspflichtig werden nicht nur Verwaltungsbehörden sein (wie bisher) sondern alle staatlichen Stellen, inklusive vom Rechnungshof geprüfte staatsnahe Unternehmen;
  • ein online Informationsregister soll geschaffen werden;
  • Gutachten, Studien und Verträge müssen dort automatisch von staatlichen Stellen veröffentlicht werden

Wo mehr geht

Bei einigen Punkten muss aber auch noch nachgeschärft werden, damit das IFG zu einem guten Werkzeug für JournalistInnen, BürgerInnen und alle, die eine Information suchen, wird. Besonders wichtig sind bürgerfreundliche Regelungen in den folgenden Punkten:

  • Rasche Antwort: die vorgesehene Antwort-Frist beträgt 4 Wochen und kann auf bis zu 8 Wochen verlängert werden. Das ist nicht zeitgemäß. Zum Vergleich: EU-Institutionen müssen binnen 15 Arbeitstagen Auskunft erteilen, in Estland beträgt die Frist 5 Arbeitstage.
  • Umfassender Informationsbegriff: Die Definition der Information, die nach dem Gesetz angefragt werden kann, muss – wie international üblich – möglichst breit gefasst sein.
  • Geheimhaltungsgründe: Im Hinblick auf Geheimhaltungsgründe gibt es klare internationale Standards, an denen sich Österreich orientieren soll. Essentiell ist ein klar definierter Abwägungsprozess: Es muss klar sein, wie ermittelt wird, was im öffentlichen Interesse liegt und wo Einzelinteressen überwiegen – und dass nur diese Teile zurückgehalten werden.
  • Durchsetzung der Transparenzregeln: Laut Punktuation sollen alleine die Verwaltungsgerichte die Durchsetzung der Informationsfreiheit sicherstellen. Dies ist keine zufriedenstellende Lösung:
  • Verfahren dauern in der Regel mehrere Jahre.
  • Ein langjähriges Verwaltungsverfahren wird viele BürgerInnen abschrecken.
  • Behörden können Verwaltungsgerichten ohne Sanktionen Dokumente und Informationen vorenthalten.
  • Verwaltungsgerichte entscheiden nicht über eine Herausgabe der Information und können sie gegenüber Behörden nicht durchsetzen.
  • Informationsfreiheitsbeauftragte/r: Der Gesetzesentwurf sieht keine/n unabhängige/n Informationsfreiheitsbeauftrage/n vor. Eine solche Stelle ist internationalerStandard und spielt eine essentielle Rolle dabei, eine Transparenz-Kultur voranzutreiben. In vielen Ländern unterstützt diese Stelle einerseits die Verwaltung bei der Auslegung und Anwendung der Transparenz-Bestimmungen und unterstützt BürgerInnen andererseits beim Informationszugang, und kann im Streitfall angerufen werden, um eine rasche und unbürokratische Entscheidung herbeizuführen.
  • Rolle der Datenschutzbehörde: Der Gesetzesentwurf sieht dafür vor, dass die Datenschutzbehörde (DSB) Behörden beim Informationsfreiheitsgesetz in Sachen Datenschutz beraten soll. Es steht zu befürchten, dass die DSB gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag stets zu mehr Geheimhaltung raten wird und so ein Ungleichgewicht zum Nachteil der Anfragenden und des öffentlichen Interesses an Transparenz entstehen wird.
  • Automatische Veröffentlichung: Klar und umfassend beschrieben werden sollte im Gesetz, welche Dokumente, Entscheidungen, Statistiken, Daten und Informationen alle staatlichen Stellen automatisch im Informationsregister veröffentlichen müssen.
  • Veröffentlichung von Verträgen: Laut Entwurf sollen nur Verträge der öffentlichen Hand mit einem Wert von über 100.000 Euro veröffentlicht werden. Diese Grenze ist viel zu hoch: in Österreich müssen bereits jetzt Daten zu Aufträgen ab 50.000 Euro veröffentlicht werden (wir bereiten sie auf OffeneVergaben.at auf).
  • Durchsetzung der Veröffentlichungs-Pflichten: Es braucht effektive Durchsetzungsmechanismen, um sicherzustellen, dass sich staatliche Stellen an die Veröffentlichungspflichten halten.

Begutachtungsphase

Sie sehen, es ist noch einiges zu tun. Wir arbeiten nun an einer detaillierten Stellungnahme und sind mit zahlreichen anderen Organisationen in Kontakt, die sich ebenfalls einbringen werden.

Die Begutachtung läuft bis 19. April. Danach müssen die Anregungen eingearbeitet werden. Für einen Beschluss braucht es eine 2/3-Mehrheit in Nationalrat und Bundesrat, sowie die Zustimmung der Bundesländer. Wir hoffen, dass es in diesen politischen Verhandlungen zu weiteren Nachbesserungen kommt.

Der Weg seit 2013

Wer wissen will, wie weit wir schon gekommen sind, kann sich unseren ersten Auftritt in der “Zeit im Bild” aus 2013 anschauen. Damals haben wir ein transparenteres Österreich gefordert. 

Wir sind jetzt – 8 Jahre später – dem Ziel ein kleines Stück näher.

Aber wir kennen die österreichische Politik nur zu gut: feiern können wir erst, wenn wir ein Informationsfreiheitsgesetz haben, dass diesen Namen auch wirklich verdient.

Neues Informationsfreiheitsgesetz: Die wichtigsten Punkte

Update 22.2.: Der Entwurf liegt vor, wir werden ihn so rasch wie möglich analysieren.

Die Regierung hat am Abend des 19 Februar eine Punktation des lange erwarteten Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) an Medien übermittelt.

Die Punktation geht nur in einigen Bereichen über die bereits im Regierungsprogramm zwischen ÖVP und Grünen vereinbarten Eckpunkte hinaus. Unsere Anmerkungen zum Regierungsprogramm gelten deshalb auch weitgehend für die bislang bekannten Details des IFGs.

Eine detaillierte Analyse des IFG-Entwurfs können wir erst liefern, wenn wir den entsprechenden Gesetzestext samt Erläuterungen kennen. Wir werden etwas Zeit brauchen, um diesen im Detail durchzuarbeiten.
Für den Beschluss des Informationsfreiheitsgesetzes ist eine doppelte 2/3-Mehrheit nötig – sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat (bei einer Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder – Art. 44 Abs. 2 B-VG). Der Bundesrat hat in diesem Fall ein absolutes Veto. Deshalb sehen wir im weiteren Verhandlungsprozess die Möglichkeit, dass wichtige Verbesserungen in den IFG-Entwurf aufgenommen werden.

Kern-Punkte eines starken Informationsfreiheitsgesetzes

Positive Aspekte des geplanten IFG (soweit bislang bekannt):

  • ein verfassungsmäßiges Bürgerrecht auf Zugang zu staatlicher Information soll kommen, das Amtsgeheimnis wird nicht mehr im Verfassungsrang stehen;
  • ein Recht auf Zugang zu staatlichen Dokumenten kommt (wie dies international üblich ist – Österreich ist das letzte Land in der EU, das bislang kein solches Recht kennt);
  • Anfragen und deren Beantwortung werden gebührenfrei sein (statt wie bisher 15 bis 30 Euro);
  • Auskunftspflichtig werden nicht nur Verwaltungsbehörden sein (wie bisher) sondern alle staatlichen Stellen, inklusive vom Rechnungshof geprüfte staatsnahe Unternehmen;
  • ein online Informationsregister soll geschaffen werden;
  • Gutachten, Studien und Verträge müssen dort automatisch von staatlichen Stellen veröffentlicht werden

Besonders wichtig sind bürgerfreundliche Regelungen in den folgenden Punkten:

  • Rasche Antwort: die vorgesehene Antwort-Frist beträgt 4 Wochen, kann jedoch auf bis zu 8 Wochen verlängert werden. Das ist nicht zeitgemäß – eine 2-Wochen Antwortfrist (die in belegten Ausnahmefällen verlängert werden kann) ist notwendig, damit etwa JournalistInnen das IFG als Recherche-Werkzeug effektiv nutzen können. Zum Vergleich: EU-Institutionen müssen binnen 15 Arbeitstagen Auskunft erteilen, in Estland beträgt die Frist 5 Arbeitstage.
  • Umfassender Informationsbegriff: Die Definition der Information, die nach dem Gesetz angefragt werden kann, muss gemäß internationalen Standards möglichst breit gefasst sein und grundsätzlich sämtliche Informationen (und Dokumente) umfassen, die bei staatlichen Stellen vorhanden sind, egal in welcher Form bzw. in welchem Format sie vorhanden sind und wer der Urheber ist.
  • Geheimhaltungsgründe: Im Hinblick auf Geheimhaltungsgründe gibt es klare internationale Standards, an denen sich Österreich orientieren soll, insbesondere Europaratskonvention zum Zugang zu offiziellen Dokumenten und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Essentiell ist ein klar definierter Abwägungsprozess: Sollte eine angefragte Information unter einen Geheimhaltungsgrund fallen (etwa in den Bereich der Nationalen Sicherheit), so sollte erst durch einen “Harm Test” festgestellt werden, ob bzw. welcher konkrete Schaden durch ein Herausgeben der Information entstehen würde. Danach müsste in einem “Public Interest Test” ermittelt werden, ob es ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Herausgabe der Information gibt, und wenn dies der Fall ist, die Information (gegebenenfalls teilweise geschwärzt) herausgegeben werden.
  • Durchsetzung der Transparenzregeln: Laut Punktuation sollen alleine die Verwaltungsgerichte die Durchsetzung der Informationsfreiheit sicherstellen. Dies ist keine zufriedenstellende Lösung:
    1. Verfahren dauern in der Regel mehrere Jahre, insbesondere da Behörden bei Niederlagen in der ersten Instanz oftmals Amtsrevision einlegen und vor den Verwaltungsgerichtshof ziehen.
    2. Viele BürgerInnen werden vor dem Aufwand eines langjährigen Verwaltungsverfahrens gegen staatliche Stellen zurückschrecken.
    3. Behörden können Verwaltungsgerichten ohne Sanktionen Dokumente und Informationen vorenthalten, wodurch diese den Fall nicht umfassend bewerten können.
    4. Verwaltungsgerichte entscheiden nicht über eine Herausgabe der Information, sondern nur über die Rechtmäßigkeit einer Informations-Verweigerung. Entscheidungen für eine Herausgabe von Informationen können sie gegenüber Behörden nicht durchsetzen.
  • Informationsfreiheitsbeauftragte/r: Die Punktuation sieht keine/n unabhängige/n Informationsfreiheitsbeauftrage/n vor. Eine solche Stelle ist international guter Standard und spielt eine essentielle Rolle dabei, eine Transparenz-Kultur voranzutreiben. In vielen Ländern unterstützt diese Stelle einerseits die Verwaltung bei der Auslegung und Anwendung der Transparenz-Bestimmungen und unterstützt BürgerInnen andererseits beim Informationszugang, und kann im Streitfall angerufen werden, um eine rasche und unbürokratische Entscheidung herbeizuführen. Darüber hinaus würde sie die Umsetzung der Transparenz-Regeln überwachen, dem Parlament zumindest jährlich Bericht dazu erstatten und sich für mehr Transparenz in der Verwaltung einsetzten, etwa um Schlupflöcher zu schließen.
  • Rolle der Datenschutzbehörde: Die Punktuation sieht vor, dass die Datenschutzbehörde (DSB) Behörden beim Informationsfreiheitsgesetz in Sachen Datenschutz beraten soll. Die DSB verfügt jedoch weder über das Mandat, die Ressourcen, oder die interne Kultur, um Transparenz voranzutreiben. Es steht zu befürchten, dass die DSB gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag stets zu mehr Geheimhaltung raten wird und so ein Ungleichgewicht zum Nachteil der Anfragenden und des öffentlichen Interesses an Transparenz entstehen wird.
  • Automatische Veröffentlichung: Klar und umfassend beschrieben werden sollte im Gesetz, welche Dokumente, Entscheidungen, Statistiken, Daten und Informationen alle staatlichen Stellen automatisch im Informationsregister veröffentlichen müssen.
  • Veröffentlichung von Verträgen: Laut Punktuation der Regierung sollen nur Verträge der öffentlichen Hand mit einem Wert von über 100.000 Euro veröffentlicht werden. Diese Grenze ist viel zu hoch: in Österreich müssen bereits jetzt Daten zu Aufträgen ab 50.000 Euro veröffentlicht werden (wir bereiten sie auf OffeneVergaben.at auf), diese haben jedoch ohne Vertragsdokumente einen geringen Mehrwert.
  • Durchsetzung der Veröffentlichungs-Pflichten: Es braucht effektive Durchsetzungsmechanismen, um sicherzustellen, dass sich staatliche Stellen an die Veröffentlichungspflichten halten.

Unsere Positionen in den Medien

Wir haben die ersten Kernpunkte des IFGs gegenüber einigen Medien kommentiert:

Forum Informationsfreiheit kritisiert Corona-Transparenz-Etikettenschwindel

Das Forum Informationsfreiheit rätselt, wie das letzte Woche im Nationalrat beschlossene „COVID-19-Transparenzgesetz“ seinen Namen erhalten konnte. Es enthält nämlich keinerlei Veröffentlichungspflichten für Behörden, keinerlei Einsichtsrechte für Bürgerinnen und Bürger – und somit keine Transparenz-Verbesserungen und keine Möglichkeit der Kontrolle durch die Öffentlichkeit. Wenn durch das Gesetz Verbesserungen im Bereich Transparenz vorgeschrieben sind, sind sie weder aus dem Gesetzestext noch aus den Erläuterungen und Berichten der Parlamentskorrespondenz ersichtlich. All diese Probleme mit diesem – ohne Begutachtungsverfahren beschlossenen – Gesetz deuten auf ein vollkommen fehlendes Transparenz-Verständnis auf Seiten der Regierungsparteien hin. 

Die Bestimmungen des Gesetzes, das den Namen COVID-19-Transparenzgesetz nicht wert ist, enthalten hauptsächlich Berichtspflichten von Behörden gegenüber Ausschüssen des Parlaments. Diese Ausschüsse tagen üblicherweise hinter verschlossenen Türen. Großteils ändert das Gesetz, welche Ministerien welchen Ausschüssen zu berichten haben. Möglicherweise werden auch die Kontrollrechte des Parlaments gestärkt – beispielsweise durch die Einführung monatlicher Berichtspflichten. Die Kontrollrechte des Parlaments sind ein wichtiges Gut – sie haben jedoch nichts mit Transparenz, wie wir sie verstehen, zu tun.

„Dieser Etikettenschwindel trifft uns besonders, weil wir schon im April ein Corona-Transparenzgesetz gefordert haben, das Bürgerinnen und Bürgern wirklich geholfen hätte, nachzuvollziehen, was mit vielen Milliarden Euro an Steuergeld geschieht“, so Mathias Huter, Vorstandsvorsitzender des Forum Informationsfreiheit. „Mehr Transparenz in den Bereichen Staatshilfen, Beschaffungen und Entscheidungsgrundlagen hätte das Vertrauen in die Arbeit der Behörden stärken können – Vertrauen, das zunehmend schwindet, da die Informationen, auf deren Basis die Regierung agiert, weitgehend im Dunklen liegen. Die österreichische Geheimhaltung von COVID-Hilfen ist  problematisch, da das Risiko von Missbrauch aufgrund mangelnder Kontrolle besonders hoch ist. In vielen anderen europäischen Ländern sind diese Geldflüsse auf den Euro genau für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar. “.

Markus Hametner, Vorstandsmitglied des Forum Informationsfreiheit, zeigt sich fassungslos: „In einem Covid-19-Transparenzgesetz würde ich mir erwarten, dass mehr Transparenz im Bereich der Pandemiebekämpfung geschaffen wird. Davon ist im Gesetz keine Spur. Transparenzvorgaben wären gerade jetzt wichtig, wo Gesundheitsministerium und AGES Informationszugänge einschränken und beispielsweise Aufklärungsquoten nicht mehr veröffentlichen.“

Das Covid-19-Transparenzgesetz ist der letzte einer langen Reihe von Transparenz-Etikettenschwindeln Österreichischer Regierungen. Zu nennen ist beispielsweise die sogenannte Transparenzdatenbank, in der Förderempfänger und Förderungshöhen von Behörden auf allen Ebenen gesammelt werden sollen, die für Bürgerinnen und Bürger jedoch nicht einsehbar ist.

Das Forum Informationsfreiheit fordert die Regierung auf, ein Transparenzgesetz vorzulegen, das den Namen verdient. Ein Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz wurde nach einem eilig einberufenen Runden Tisch für „vor dem Sommer“ versprochen, jedoch nie geliefert.

So bewerten wir das Rot-Pinke Regierungsprogramm in Wien

Das Rot-Pinke Regierungsprogramm von SPÖ und NEOS für Wien enthält einen der größten politischen Erfolge des Forum Informationsfreiheit seit seiner Gründung. Erstmals wird in ihm die Schaffung eines Informationsfreiheitsbeauftragten als Schlichtungsstelle zwischen BürgerInnen und Behörden festgeschrieben. Diese Stelle soll geschaffen werden, sobald ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG) auf Bundesebene beschlossen wurde. Auf Bundesebene konnten sich die Regierungsparteien ÖVP und Grüne noch nicht zu einer solchen bürgernahen Lösung durchringen, wie sie in zahlreichen anderen Ländern erfolgreich im Einsatz ist – der für Ende Juli 2020 versprochene Entwurf für ein IFG lässt zudem weiter auf sich warten. 

Wir freuen uns, dass unsere langjährige Forderung und unsere konstruktiven Vorschläge in dieser Hinsicht aufgenommen wurden und sind gespannt auf die konkrete Umsetzung.

Die Transparenz-Pläne von Rot-Pink gliedern sich einerseits in eine Reform des Wiener Auskunftspflichtgesetzes, andererseits in Pläne, die nach der Umsetzung eines Bundes-Informationsfreiheitsgesetzes umgesetzt werden sollen.

Wir begrüßen eine Reform des Wiener Auskunftspflichtgesetzes als ersten Schritt. Dieser Schritt, den wir schon in einem Gastkommentar in der Wiener Zeitung und einem Blogpost vorgeschlagen haben, ist insbesondere positiv, da auf Bundesebene derzeit keine Zeitpläne für die Umsetzung eines Informationsfreiheitsgesetzes kommuniziert werden. 

Die konkreten Pläne in Wien dafür:

  • Kürzere Auskunftsfristen: vier Wochen, Verlängerungsmöglichkeit um zwei weitere Wochen bei hoher Komplexität
  • Auskünfte sollen auch in offenem Format zu erteilen sein, wenn möglich und zweckmäßig.

Das ist ein guter Anfang, jedoch weniger als möglich und im internationalen Vergleich üblich ist. Bei einer ernst gemeinten Reform des Auskunftspflichtgesetzes sollte jedoch gleichzeitig explizit ein (teilweiser) Zugang zu Dokumenten ermöglicht werden. Ansonsten können wenige persönliche Daten in einem Dokument weiterhin ein Grund sein, die Herausgabe des ganzen Dokuments zu verweigern – in solchen Fällen sollte eine teilweise Schwärzung von Dokumenten möglich sein. Auch die Frist für die Erstellung eines Bescheides (und somit auch für Säumnisbeschwerden) müssten verkürzt werden – diese liegt aktuell bei obszönen 6 Monaten. Die konkreten Entwürfe werden dementsprechend kritisch zu analysieren sein.

Außerdem ist nicht zu übersehen, dass bei einer Verhandlungssituation zweier Parteien, die als Opposition auf Bundesebene eine bürgernahe zwei-Wochen-Frist für Anfragebeantwortungen fordern, in ihren gemeinsamen Verhandlungen bei einer vier-Wochen-Frist gelandet sind. Unser Vertrauen in öffentliche Forderungen von Parteien wird dadurch jedenfalls nicht gestärkt.

Die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes werden im Regierungsprogramm explizit begrüßt und erstmals wird unter dem Titel „Informationsfreiheits-Ombudsperson“ die Schaffung eines von uns geforderten Informationsfreiheitsbeauftragten in Aussicht gestellt. Die Beschreibung: „Diese fungiert als Beratungsstelle für Bürger_innen und Verwaltung, etwa bei Unklarheiten, ob eine Auskunft zu erteilen ist, und als einfach anrufbare Schlichtungsstelle, welche widerstreitende Interessen abwägt und vermittelt (berührt nicht die Möglichkeit den Rechtsweg zu beschreiten). Die Informationsfreiheits-Ombudsperson hat dem Gemeinderat bzw. Landtag jährlich einen Tätigkeitsbericht vorzulegen.“ Bei ausreichend unabhängiger Besetzung und budgetärer Ausstattung wäre das ein großer Schritt zu mehr Bürgernähe.

Beitritt zur Open Government Partnership

Die Koalition spricht sich auch für einen Beitritt Österreichs zur Open Government Partnership aus.  Eine Mitgliedschaft in der OGP würde dazu führen, dass sich die Politik zu einem Austausch mit der Zivilgesellschaft und zur kontinuierlichen Verbesserungen in Bereichen der Transparenz verpflichtet. Auch das ist ein Signal an die Koalition auf Bundesebene. Nach einem solchen Beitritt würde Wien demnach dem OGP Local beitreten.

Positive Vorhaben zu Transparenz, Rechenschaftspflicht und Anti-Korruption

Abseits der Verbesserungen rund um die Auskunftspflicht und das Informationsfreiheitsgesetz wird weiteren Bereichen mehr Transparenz versprochen:

  • „Einnahmen, Ausgaben und getätigte Beauftragungen“ eines Wahlkampfes müssen vor der Wahl veröffentlicht werden – das war auch eine unserer Forderungen
  • Die Anzahl der Studien und Datenbanken, die veröffentlicht werden, soll ausgeweitet werden
  • Die „städtebaulichen Verträge“ sollen transparenter werden
  • Der PID der Stadt Wien (MA53) soll ab 2021 einen Jahresbericht zur Stadtkommunikation erstellen, der über die Kommunikationsstrategien informiert
  • Der Haushalt (Budget und Rechnungsabschluss) soll maschinenlesbar als Open Data veröffentlicht werden
  • Neue Standards bei der Transparenz von Förderungen an Vereine, Institutionen, Organisationen und juristische Personen sowie der zugrunde legenden Förderkriterien (erwähnt ist ein Fördertransparenzbericht, der mit dem Rechnungsabschluss vorgelegt werden soll)
  • Die Sportförderung soll transparenter werden
  • Beschlüsse des Gemeinderates und der Bezirksvertretungen sollen mit Beschlussbogen und Motivenbericht veröffentlicht werden
  • Die Fragerechte des Gemeinderats (Interpellationsrecht) soll gestärkt werden, in Zukunft sollen Gemeinderatsmitglieder auch Fragen zu Betrieben und ausgelagerten Stellen sowie Anstalten und Fonds stellen können, die der Kontrolle des Stadtrechnungshofs unterliegen 
  • Berichte der Mitglieder der Stadtregierung zu Anträgen der GemeinderätInnen sollen veröffentlicht werden
  • Schaffung einer weisungsfreien Antikorruptions-Ombudsstelle in der Magistratsdirektion, die alle Kompetenzen im Bereich Korruptionsprävention und -bekämpfung bündeln soll. Die Stelle wird dem Gemeinderat jährlich einen Bericht zur Korruptionsbekämpfung vorlegen
  • Ein digitales System für die Übermittlung anonymer Hinweisen zu Korruption (Whistleblower-Plattform)  im Bereich des Magistrats der Stadt Wien soll eingerichtet werden
  • Hearings von KandidatInnen bei der Bestellung von weisungsfreien Organen der Stadt Wien

Analyse: Wie transparent Wien werden könnte

Diese Analyse war Basis für einen Gastkommentar, der am 12.11.2020 in der Wiener Zeitung erschienen ist.

Anlässlich der Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und NEOS haben sich die Experten des Forum Informationsfreiheit angesehen, wie transparent die Stadt Wien werden könnte. Schließlich existiert auf Bundesebene das Amtsgeheimnis. Wäre ein Modell wie in Hamburg möglich, wo das Transparenzgesetz als Benchmark für die Transparenz in anderen Städten und Ländern gilt? Das Ergebnis: einiges wäre möglich!

Zuerst ein paar Worte zur politischen Lage.

Programm NEOS zur Wien-Wahl, Seite 107

Die NEOS fordern in ihrem Wahlprogramm ein fortschrittliches Informationsfreiheitsgesetz für die Stadt Wien. Auch auf Bundesebene haben sie einen Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz im Nationalrat eingebracht. Auf Seiten der SPÖ gibt es einen einstimmigen Beschluss für ein Wiener Transparenzgesetz vom SPÖ-Landesparteitag 2013. Außerdem fordert die SPÖ von der Türkis-Grünen Bundesregierung eine Zweiwochenfrist für ein Bundes-Informationsfreiheitsgesetz. Die Forderungen von SPÖ und NEOS sind also nicht so weit voneinander entfernt, wie die intransparente Verwaltungspraxis in Wien vermuten lassen würde.

Zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen:

Ein Informationszugangsgesetz auf Landesebene müsste sich an Artikel 20 (3,4) des B-VG, landläufig als Amtsgeheimnis bekannt, halten. Weiters muss es dem Auskunftspflichts-Grundsatzgesetz entsprechen. Was heißt das genau?

Das Amtsgeheimnis regelt, dass öffentliche Stellen soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet [sind], solange die Geheimhaltung aufgrund bestimmter Gründe geboten ist. Ein Informationsfreiheitsgesetz kann also die Verschwiegenheitspflichten einschränken.

Das Auskunftspflichts-Grundsatzgesetz regelt ein Mindestmaß an Auskunftserteilung, das auf Landesebene gesetzlich zu gewähren ist. Wichtig ist jedoch: Die Landesgesetzgebung regelt, in welchem Umfang Auskünfte zu erteilen sind, und inwieweit besondere Einrichtungen mit der Erfüllung der Auskunftspflicht betraut werden können. Weiters sind sowohl Fristen (Auskünfte sind innerhalb einer durch Landesgesetz zu bestimmenden Frist zu erteilen) als auch die Verfahrensvorschriften (Die Landesgesetzgebung hat den Fall der Verweigerung einer Auskunft so zu regeln, daß auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen ist) weitreichend selbst per Landesgesetz festzulegen.

Die Auskunftspflichten können die Länder daher weitreichend selbst festzulegen. Der Rahmen wird nur durch die Geheimhaltungsinteressen im Amtsgeheimnis-Paragraphen des B-VG und die Bekämpfbarkeit von behördlichen Entscheidungen per Bescheid festgelegt. Außerdem existiert höchstgerichtliche Rechtsprechung, dass Artikel 10 der Menschenrechtskonvention auch ein Informationsrecht von public watchdogs vorsieht, aber das lassen wir vorerst außen vor.

Im Klartext: die bestehenden Bundesregeln halten kein Bundesland davon ab, ein Transparenzvorbildland zu sein oder zu werden. Nicht nur wäre das Modell „Hamburger Transparenzgesetz“ von jedem Land weitgehend umsetzbar, ein Wiener Transparenzgesetz könnte im deutschen Sprachraum sogar Vorbildcharakter einnehmen, wenn die Informationsfreiheitsgesetze der Slowenen als Vorbild dienen.

In welchem Umfang Auskünfte zu erteilen sind sollte um dieses Ziel zu erreichen ausgeweitet werden um:

  • ein Recht auf (teilweise) Dokumenteneinsicht, nicht nur Auskünfte
  • wenige Ausnahmen wie dem Schutz des Datenschutzes oder der Vorbereitung von Entscheidungen
  • einen zwingenden Harm Test vor Informationsverweigerung: Auskünfte müssen erteilt werden, wenn im Einzelfall kein konkreter Schaden von schützenswerten Interessen nachweisbar ist. Die befürchteten Schäden müssen bei Auskunftsverweigerung nachvollziehbar dokumentiert werden
  • einen zwingendem public interest test vor Informationsverweigerung: Auskünfte müssen erteilt werden, wenn das öffentliche Interesse an der Informationserteilung schwerer wiegt ist als der befürchtete Schaden
  • freiwillige Transparenz auch von stadteigenen bzw durch die Stadt kontrollierten Unternehmen, Fonds, etc. Sind diese betroffen, sollte die Anfrage über die kontrollierenden Behörden eingebracht werden können

Kürzere Fristen können vorgesehen werden. Die Frist aus dem Informationsfreiheitsgesetz-Entwurf der NEOS – 2 Wochen, erweiterbar um 2 Wochen – sollte übernommen werden. Diese Frist wurde auch von der SPÖ gefordert.

Ein Wiener Informationsfreiheitsbeauftragter könnte geschaffen werden, und zwar als „besondere Einrichtung“ nach § 3 Auskunftspflicht-Grundsatzgesetz

  • Dieser kann bei einer Auskunftsverweigerung, aber vor Erstellung des ablehnenden Bescheids als Schiedsstelle angerufen werden, was die Frist um 2-4 Wochen erweitert
  • Heißt: jede Anfrage kann unkompliziert in den Fachabteilungen bearbeitet werden. Anfragesteller können wählen, ob sie sofort einen gerichtlich durchsetzbaren Bescheid beantragen, oder eine interne Überprüfung der Informationsverweigerung durch die Informationsfreiheitbeauftragte
  • Die Stelle müsste unabhängig besetzt und mit ausreichenden Ressourcen ausgestattet sein, damit die Fristen eingehalten können werden
  • Neben der Tätigkeit als Schiedsstelle sollte die Stelle auch für Unterstützung und Beratung von BürgerInnen und Verwaltung bei der Umsetzung von Transparenz und regelmäßige Berichterstattung an den Gemeinderat zuständig sein
  • Weiters sollte sie auch in die Entscheidung, ob die Stadt gegen Gerichtsentscheidungen zu Auskunftsbegehren weiter vorgeht, eingebunden werden. Dies könnte auch Kosten sparen
  • Eine solche Stelle dient auch der rechtlichen Absicherung der Behörde.

Eine proaktive Veröffentlichung von Informationen nach Vorbild Hamburg und Slowenien sollte vorgesehen werden:

  • Alle Verträge + Beilagen (außer Geschäftsgeheimnisse) müssen zwingend vor Inkrafttreten online veröffentlicht werden (inklusive Back-Out-Clause – wie von den NEOS gefordert)
  • Studien, Gutachten, Statistiken, Geschäftsordnungen, Tätigkeitsberichten, Jahresberichten, Entscheidungen, Budget, Amtsblatt, Umweltinformationen, etc. sollen automatisch online (frei zugänglich, soweit möglich als Open Data bzw. in maschinenlesbaren Formaten) verfügbar sein
  • Auch Empfänger und Beträge von Förderungen und Subventionen sollten umfassend offengelegt werden – auch als Open Data
  • Alle Geodaten sollten transparent gemacht werden, weiters sollte evaluiert werden, was im Bereich Raumordnung / Widmungen / Genehmigungen veröffentlicht werden kann
  • Ein Wiener Informations- und Dokumentenregister sollte geschaffen werden. Auch eine Liste aller vorhandenen Dokumente, Akten, Statistiken und Datenbanken mit Titel, Kurzbeschreibung und zuständiger Abteilung sollte öffentlich sein – damit klar ist, was grundsätzlich anfragbar wäre

Auch das übliche behördliche Handeln könnte transparenter werden:

  • Partnerschaften der Stadt Wien (mit Vereinen, Organisationen, Unternehmen, etc.) können umfassend offen gelegt werden – also Spenden, Sponsoring, Mitgliedschaften und Kooperationen. Das sollte auch für ausgelagerte Verwaltungsbereiche gelten (Genehmigung von Veranstaltungen auf der Donauinsel, Organisation von Christkindlmärkten)
  • Wettbewerbe und Veröffentlichungspflichten bei Verkauf/Abgabe von öffentlichem Vermögen oder Aufgaben (Grund, Boden, hoheitliche und privatwirtschaftliche Tätigkeiten der öffentlichen Hand) – auch durch Beleihung oder privatwirtschaftliches Handeln
  • Transparenz und Wettbewerb bei Postenbesetzungen

Auch die Politik sollte durch eine Reform der Wiener Parteienfinanzierung transparenter werden:

  • Eine detaillierte Echtzeitoffenlegung von Einnahmen und Ausgaben im nächsten Wahlkampf (“gläsernes Konto” nach slowenischem Vorbild) als Voraussetzung für finanzielle Zuwendungen
  • Umfassende Transparenz und Rechenschaftspflicht in der Parteienfinanzierung, inklusive Akademien, Klubs, nahestehende Organisationen

Ein solches Wiener Transparenzgesetz würde auch dem Bund als Vorbild dienen. Die NEOS sollten also auch die Zustimmung Wiens zu einem internationalen Vorbildern entsprechenden Bundes-Transparenzgesetz zur Koalitionsbedingung erklären. Vielleicht würde das Wiener Transparenzgesetz nur kurz gelten – wenn auf Bundesebene mindestens gleich bürgerfreundliche Regeln gelten.

Gewinnen würden jedenfalls die Wiener Bürgerinnen und Bürger, die einfacher an staatliche Informationen kommen und so besser in den demokratischen Prozess ihrer Heimatstadt eingebunden werden können.