Die Verfahren
Neben unserer politischen Arbeit versuchen wir auch auf anderen Wegen, die Informationsfreiheit in Österreich zu stärken. Das Vorgehen gegen Informationsverweigerung vor Gericht ist eine der Möglichkeiten.
Unsere Erfahrung zeigt jetzt schon: solche Verfahren sind langwierig. Aber unser erster Erfolg kann sich zumindest sehen lassen!
Erfolgreich: Parteienfinanzierung durch die Stadt Graz
Im Jänner 2016 hat Mathias Huter, Generalsekretär des FOI, im Zuge einer Recherche zu Parteienfinanzierung über unsere Webseite FragDenStaat.at Auskunft von der Stadt Graz zu öffentlichen Mitteln beantragt, die in den Jahren 2005 bis 2015 an Parteien und Gemeinderatsklubs ausbezahlt wurden, sowie Sachleistungen der Stadt an die Parteien in den vergangen fünf Jahren.
Im Februar hat die Stadt Graz die Auskunft zu diesen Fragen verweigert. In erster Linie wird argumentiert, die Beantwortung der Anfrage sei mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden. Weiters gibt die Präsidialverwaltung der Stadt an, die Informationen seien den öffentlichen Rechenschaftsabschlüssen zu entnehmen – dort haben wir die von uns angefragten Informationen jedoch nicht gefunden, einen Förderbericht veröffentlicht Graz nicht.
Unserer Ansicht nach war diese Auskunftsverweigerung nicht rechtmäßig und widerspricht der Rechtssprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs, insbesondere angesichts einer Verurteilung der Republik Österreich wegen Auskunftsverweigerung.
Im Mai 2016 haben wir gegen diese Entscheidung der Stadt Graz beim Landesverwaltungsgericht Steiermark Einspruch erhoben.
Nachdem sie unsere Beschwerde erhalten hatte übermittelte die Stadt Graz Ende Juni die Informationen zu ausbezahlten Förderungen an Parteien und deren Klubs, die ursprünglich schon im Jänner beantragt worden waren, und kam damit ihrer Auskunftspflicht nach. Anfang Juli wurde dann in einer „Beschwerdevorentscheidung” durch die Stadt Graz die Beschwerde des Forum Informationsfreiheit abgelehnt, da mittlerweile die beantragte Auskunft erteilt worden war.
Auch in diesem Fall haben wir die beantragte Auskunft nach einer Beschwerde schlussendlich erhalten.
Erfolgreich: Eurofighter-Gegengeschäfte
Zum Start unserer Plattform FragDenStaat.at fragte Mitinitiator Markus Hametner am 13. Februar 2013 den Staat nach einer Liste der Gegengeschäfte in der Causa Eurofighter – immerhin ein Thema, das zu dem Zeitpunkt seit einem Jahrzehnt regelmäßig seinen Weg in die Medien fand.
Die Anfrage wurde abgelehnt und am 24.10.2013 wurde eine Beschwerde am Verwaltungsgerichtshof eingereicht.
Am 20. Mai 2015 entschied der Verwaltungsgerichtshof, dass die Begründung für die Informationsverweigerung mangelhaft war. Das Wirtschaftsministerium muss nun die Anfrage neu entscheiden.
Der zuständige Minister Mitterlehner (ÖVP) erklärte am Tag nach der Veröffentlichung der Entscheidung des VwGH in der Pressekonferenz nach dem Ministerrat, er plane die Anfrage nun positiv zu beantworten und die Liste zu veröffentlichen.
Vor Verwaltungsgericht Wien: Platzverbote rund um Akademikerball 2014
Am 24. Januar 2014 wurde im Rahmen des Akademikerballs ein großflächigeres Platzverbot als bei Besuchen von US-Präsidenten verhängt. Auch die Gegendemonstration am Heldenplatz, die in den Vorjahren immer friedlich verlief, wurde verboten.
Am gleichen Tag stellte Markus Hametner auf FragDenStaat.at die Frage: “Welche Dokumente (Lageeinschätzung, Gefahreneinschätzung) wurden zur Vorbereitung dieser Entscheidung erstellt?” Auch Kopien der Dokumente forderte er an.
Die Antwort des LPD Wien: “Die Gefährdungsanalyse wurde nach nationalen und internationalen Erfahrungsberichten, Auswertung der Medien und diversen Aufrufen zu den Demonstrationen vom Landesamt für Verfassungsschutz Wien erstellt. Da kein Anspruch auf Akteneinsicht besteht, kann die Übermittlung dieser Dokumente auch nicht im Rahmen des Auskunftspflichtgesetzes gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erreicht werden. ”
Am 25.3.2014 wurde Beschwerde gegen diese Informationsverweigerung eingereicht, das Verwaltungsgericht Wien hat am 31.5.2016 entschieden, den Bescheid zur Auskunftsverweigerung aufzuheben. Gegen den neuen Ablehnungsbescheid wurde am 26.8.2016 wieder eine Beschwerde eingebracht.
Erfolgreich: Geheimhaltungsbestimmungen im Eurofighter-Gegengeschäftsvertrag
Die Informationsverweigerung im Fall Eurofighter-Gegengeschäftsliste wurde auch damit argumentiert, dass in den Verträgen “grundsätzlich Vertraulichkeit” vereinbart wurde.
Die Frage, wie genau diese Vertraulichkeit vereinbart und diese Vereinbarung formuliert wurde, wurde nur ausweichend beantwortet, Nachfragen dazu gar nicht.
Am 17.6.2014 wurde Beschwerde gegen diese Informationsverweigerung eingebracht. Das Bundes-Verwaltungsgericht entschied über zweieinhalb Jahre später, am 30.1.2017, in unserem Sinne: Verfahrensmangel, ablehnender Bescheid aufgehoben.
Am 2.8.2017 wurden die Wortlaute der zwei Absätze, in denen Geheimhaltungsbestimmungen formuliert wurden, von der Behörde beauskunftet.
Vor VwGH: Eurofighter-Vertragswerk
Nach der Veröffentlichung der Eurofighter-Gegengeschäfte nach dem Erfolg unseres ersten Rechtsstreits war die Formulierung der Geheimhaltungsbestimmungen für uns umso interessanter. Das Wirtschaftsministerium hatte behauptet, die Republik würde großen Schaden erleiden, wenn diese Gegengeschäfte veröffentlicht werden – dieser ist aber offensichtlich nicht eingetreten.
Weiters hatte Markus Hametner eine komplette Kopie eines Eurofighter-Vertragswerks vom Verteidigungsministerium des Vereinigten Königreichs – eines Eigenümerlands von Eurofighter – angefragt und (mit nur einigen Schwärzungen) bekommen.
Deswegen fragte er am 25.3.2015 das Vertragswerk für den Eurofighter-Kauf und die Gegengeschäfte vom Verteidigungsministerium an – vorsichtshalber mit Antrag auf Schwärzung von Vertragsstellen, die Geschäftsgeheimnisse beinhalten. Die Auskunft wurde verweigert, die Beschwerde darüber am 27. Juli 2015 eingereicht.
Im März 2016 hat das Verwaltungsgericht des Bundes die Entscheidung des Verteidungsministeriums wegen Begründungsmängeln aufgehoben. Gegen den erneuten Verweigerungsbescheid des Ministeriums haben wir am 13.10.2016 eine Beschwerde eingebracht, über die am 4.4.2017 entschieden wurde. Ergebnis: Verfahrensmangel, die Behörde müsse den Bescheid erneut verbessern.
Gegen den dritten Bescheid (vom 18.7.2017), mit dem die Behörde die Auskunft verweigerte, haben wir am 18.8.2017 Beschwerde eingelegt, die am 14.2.2019 entschieden wurde. Kurzzusammenfassung: da die Anfrage nicht „Auskünfte“ beantragte, sondern die Übermittlung von Dokumenten, sei sie keine Anfrage nach Auskunftspflichtsgesetz und deswegen abzulehnen. Im April 2019 haben wir unsere Revision diesbezüglich Verwaltungsgerichtshof eingereicht.